Transformationskonzept für Bremen und Eisenhüttenstadt
Auch am Standort Bremen beabsichtigt ArcelorMittal, die CO2-Emissionen zu reduzieren – zunächst durch das Einspeisen von Erdgas in den Hochofen. Anschließend, so lautet der Plan, will das Unternehmen dann Wasserstoff verwenden, zu dessen klimaneutraler Produktion ein Elektrolyseur mit einer anfänglichen Kapazität von 100 und später 300 MW beitragen soll. In Kombination dazu soll zunächst eine elektrische Schrottschmelz-Anlage integriert werden, um die CO2-Emissionen durch die Erhöhung des Schrottanteils im Roheisen weiter zu senken. In der finalen Ausbaustufe zum Erreichen der klimaneutralen Stahlherstellung soll ein Elektrolichtbogenofen mit Schrotteinsatz gemeinsam mit Smart-Carbon-Technologien im Hochofen zum Einsatz kommen. Alternativ will ArcelorMittal den Hochofen in der finalen Ausbaustufe ab 2030 vom Elektrolichtbogenofen mit Schrotteinsatz und grün erzeugtem DRI ablösen. Ein ähnliches Transformationskonzept strebt der Konzern in seinem zweiten deutschen Flachstahlwerk in Eisenhüttenstadt an.
„Die Förderung unserer wasserstoffbasierten Verfahren zur Produktion von klimaneutralem Stahl ist entscheidend“, betont Geert Van Poelvoorde, CEO von ArcelorMittal Europe
Mit der Umsetzung der drei Projekte will ArcelorMittal bis 2030 bereits mehr als 6 Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen. „Wir begrüßen den Entschluss der Bundesregierung sehr, unsere innovativen Projekte zu unterstützen. Als Technologieführer für klimaneutrale Stahlherstellung leisten wir mit unseren Vorhaben in Bremen, Eisenhüttenstadt und Hamburg einen wichtigen Beitrag dazu, die CO2-Emissionen in unseren deutschen Werken bereits vor 2030 deutlich zu senken. Die Förderung unserer wasserstoffbasierten Verfahren zur Produktion von klimaneutralem Stahl ist dabei entscheidend“, sagt Geert Van Poelvoorde, CEO von ArcelorMittal Europe. Im nächsten Schritt benötige das Unternehmen die Genehmigung der EU, damit die Investitionen getätigt werden können. Mit der finalen Entscheidung sei bis Anfang 2022 zu rechnen.
3. Stahl-Holding-Saar
Eine gemeinsame Projektidee zur Etablierung einer grünen Wasserstoffwirtschaft hat zudem die SHS – Stahl-Holding-Saar (Dillinger und Saarstahl) gemeinsam mit STEAG, Siemens Energy, Creos und der Saarbahn entwickelt. Das Konsortium verfolgt einen kollektiven Ansatz mit dem Planungsziel, das Saarland als Wasserstoffmodellregion zu etablieren. Die unterschiedlichen Teilprojekte sollen dabei in ihrer Gesamtheit einen nachhaltigen Transformationsprozess sowohl in der Industrie als auch im Mobilitätssektor anstoßen. Die saarländische Stahlindustrie mit den Unternehmen Dillinger und Saarstahl als industrieller Abnehmer nimmt auf diesem Weg eine Schlüsselrolle ein. Im Rahmen des Projektes „H2SYNgas“ wird derzeit eine Technologie an einem Hochofen der ROGESA Roheisengesellschaft Saar, einer gemeinsamen Tochter der beiden lokalen Stahlproduzenten, entwickelt, welche die Nutzung von eigenen Prozessgasen und darüber hinaus von erheblichen Wasserstoffmengen für den Hochofenprozess ermöglichen soll.
Konkret handelt es sich bei der zu erprobenden Technologie um die von Paul Wurth entwickelte Trockenreformierung. Die Technologie reichert ein aus Prozessgasen erzeugtes Synthesegas mit Wasserstoff an, welches ROGESA dann als Reduktionsmittel für die Reduktion der Eisenerze einsetzen will. Auf diese Weise wird Koks im Hochofenprozess ersetzt und damit CO2-Emissionen vermieden. „Der Einsatz von Prozessgasen für metallurgische Zwecke ermöglicht eine Reduzierung der CO2-Emissionen um bis zu 12 Prozent“, erklärt Dr. Karl-Ulrich Köhler, Vorstandsvorsitzender von Dillinger und Saarstahl. „Unter Verwendung von Wasserstoff können wir das CO2-Einsparpotential weiter verbessern und sogar nahezu verdoppeln. Die Schaffung einer ausreichenden Energieinfrastruktur ist hierfür Voraussetzung.“
4. Salzgitter
Ebenso als Zusammenschluss wollen sieben Unternehmen aus der Initiative „GETH2“ zeigen, wie rasant sich die Planung der nationalen und europäischen Wasserstoffwirtschaft entwickelt. Konkret haben sich BP, Evonik, Nowega, OGE, RWE, Salzgitter Flachstahl und Thyssengas zusammengetan, um eine grenzüberschreitende Infrastruktur für Wasserstoff aufzubauen – angefangen bei der Erzeugung über den Transport bis hin zur industriellen Nutzung.
In dem geplanten Szenario erzeugt RWE in Lingen, Emsland, über eine Elektrolyse grünen Wasserstoff, der ab 2024 die bp Raffinerie in Gelsenkirchen versorgt. Der Transport erfolgt größtenteils über bestehende Leitungen des Gasnetzes, die auf Wasserstofftransport umgestellt werden. 2025 ist die Erweiterung des Netzes bis zur niederländischen Grenze geplant, 2026 soll durch RWE ein Kavernenspeicher in Gronau-Epe integriert werden. Bis 2030 soll das Netz dann bis zum Stahlwerk Salzgitter ausgebaut sein und gegebenenfalls an weitere Netze anknüpfen. Zu diesem Zeitpunkt sollen auf diesem Weg bis zu 16 Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden.
Startschuss für Wasserstoff-Roadmap
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) haben vor kurzem auch den Startschuss für das Projekt „H2-Kompass“ gegeben, das den Grundstein für die Erarbeitung einer Wasserstoff-Roadmap legen soll. Ziel ist es, in einem breit angelegten Dialogprozess Daten und Fakten zu strukturieren und zu bündeln, um so Fortschritte bei Wasserstoffinnovationen aufzuzeigen. Der H2-Kompass soll dabei transparent darstellen, wo es Innovationsfortschritte gibt, aber auch wo noch Handlungsbedarf besteht. Demnach ist für Forschungsministerin Anja Karliczek klar: „Das darf nicht auf Kosten unserer Wettbewerbsfähigkeit gehen – es muss stattdessen die Grundlage unseres künftigen Wohlstands sein. Deshalb setze ich mich mit ganzer Kraft dafür ein, dass wir wegweisende, innovative Wasserstofftechnologien entwickeln.“
Mit der Wasserstoff-Roadmap wollen die beiden Ministerien nun herausarbeiten, wie der langfristige Prozess bestmöglich gestaltet werden kann. „Welche technologischen Hindernisse müssen wir überwinden? Welche ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Effekte müssen wir beachten? Auf diese und weitere Fragen wird das Projekt H2-Kompass fundierte Antworten geben“, so Karliczek. Das Projekt wird gemeinsam vom BMWi und BMBF mit 4,2 Millionen Euro gefördert und hat eine Laufzeit von zwei Jahren.
nr, Beitragsfoto: BMWi/Susanne Eriksson