In den Business-Netzwerken hat der Mittelstand keine Stimme: Nur jedes vierte mittelständische Unternehmen ist auf LinkedIn aktiv. Das zeigt eine neue Studie der Agentur In A Nutshell. Ein Sektor sticht hierbei jedoch positiv hervor: die Metallbranche.
Der Beitrag stammt aus Ausgabe 6/24 von stahl + eisen. Die vollständige Überschrift lautet Führungskräfte auf LinkedIn – Deutscher Mittelstand überwiegend offline, Metallbranche als Lichtblick. Autorin ist Annika Abendschön, In A Nutshell, die vollständige Studie steht hier zum Download bereit.
Deutschlands Mittelstand hat gravierende Defizite in der Kommunikation – besonders im Business-Bereich des Social Web. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt eine repräsentative Studie der Kommunikationsagentur In A Nutshell (IAN) in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und dem Unternehmerportal „Die Deutsche Wirtschaft“. Die Studie zeigt: Auf der weltweit größten Business-Plattform LinkedIn (rund 1 Milliarde Nutzer weltweit, 22 Millionen in der DACH-Region) ist nur rund jedes vierte mittelständische Unternehmen mit einem eigenen Account aktiv. Ein weiteres Viertel hat lediglich einen inaktiven Account. Rund die Hälfte aller Mittelständler ist gar nicht auf LinkedIn vertreten. Bei Firmen mit einem Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro liegt die Präsenz sogar nur bei 21 Prozent. Zum Vergleich: Bei den DAX-40-Unternehmen sind es 100 Prozent.
Sample von über 20 000 Unternehmen
Mit der Studie wurde erstmals anhand eines Samples von über 20 000 Unternehmen die Präsenz des Mittelstandes auf den beiden Businessplattformen LinkedIn und Xing ausgewertet und mit qualitativen Experteninterviews ergänzt. Aus einer Datenbasis von über 20 000 Mittelstandsunternehmen wurden mehr als 1 000 Firmen in ganz Deutschland analysiert. Die Daten stammen von „Die Deutsche Wirtschaft“, der größten Datenbank für den deutschen Mittelstand. Detaillierte Analysen nach Regionen/Bundesländern und Branchen vertiefen die Auswertung und belegen, wie groß die Unterschiede im Mittelstand sind. Zudem wurden Weltmarktführer und Familienunternehmen separat ausgewertet. Die Studienergebnisse legen offen, wie sehr die Mittelstandskommunikation auf LinkedIn divergiert. Von den Firmen mit weniger als zehn Mitarbeitern ist so gut wie keine auf LinkedIn aktiv. Erst ab einer Größe von etwa 250 Mitarbeitern steigt die Zahl an aktiven Linkedln-Profilen. Auffällig ist auch, dass die Zahlen je nach Wirtschaftsbereich variieren.
Branche auf LinkedIn überdurchschnittlich aktiv
Die Metallbranche* gilt als eine der bedeutendsten Industriezweige des Landes und ist durch mittelständische Unternehmen mit – im Schnitt – etwa 100 Mitarbeitenden geprägt. Eine Erhebung der Südwestmetall in Baden-Württemberg – einer Hochburg der deutschen Wirtschaft und Heimat von zahlreichen Hidden Champions – bestätigt das: Der Anteil von mittelständischen Unternehmen mit unter 250 Mitarbeitenden liegt hier bei 87 Prozent. Doch glänzt der Metallsektor bei aller wirtschaftlichen Bedeutung auch auf Linkedln? Die Antwort: Ja – zumindest in weiten Teilen und im Sektorenvergleich. Knapp 35 Prozent der Metallunternehmen sind auf der Plattform aktiv und damit überdurchschnittlich viele. Nur zwei der 14 untersuchten Branchen kommen auf ähnliche Ergebnisse – und zwar Elektronik und Druck/Medien. Aus dem Bereich Consumer Goods hingegen ist beispielsweise nur jedes neunte Mittelstandsunternehmen auf LinkedIn vertreten.
Metallindustrie als Vorreiter in der CEO-Kommunikation
Erfolgreiche LinkedIn-Kommunikation läuft jedoch nicht nur über die Corporate-Kanäle. Ein elementarer Bestandteil ist heute die Positionierung von eigenen Führungskräften auf der Business-Plattform. So ist es kein Zufall, dass 80 Prozent der 40 DAX-CEOs Linkedln aktiv nutzen – und den Mittelstand damit deutlich in die Schranken weisen. Gerade einmal 12 Prozent aller mittelständischen CEOs sind auf LinkedIn aktiv vertreten, haben also mindestens drei Beiträge in den vergangenen zwölf Monaten gepostet. Über 50 Prozent aller Führungskräfte an der Spitze haben gar keinen Account, ein gutes Drittel (36 Prozent) einen inaktiven.
Auch hier sticht die Metallindustrie positiv hervor: 17 Prozent der CEOs nutzen LinkedIn für ihre Kommunikation. Auch das Engagement unter den Posts ist hoch: Pro 1000 Follower und Post verzeichnet die Auswertung 61 soziale Interaktionen – fast 50 Prozent über Durchschnitt. Interessant beim Vergleich mit den Corporate-Accounts: CEO-Post erreichen also etwa doppelt so viel Interaktionen – Menschen interagieren eben lieber mit Menschen als mit anonymen Marken.
Synergien zwischen Corporate- und CEO-Kanälen
Welchen Effekt ein strategisch kluger LinkedIn-Auftritt haben kann? Das zeigen diverse Best Cases, die In A Nutshell in der Studie vorstellt. Als Beispiel aus dem Bereich Elektrotechnik/Metall sei hier Andreas Widl genannt, CEO bei Samson, einem international tätigen Mittelständler aus Frankfurt: ,,Mein Account ist, strategisch betrachtet, Teil der Corporate-Kommunikation“, sagt er. Widl teilt auf LinkedIn seine Gedanken zu Innovationsthemen, die auf den entsprechenden Unternehmenswerten aufbauen, und fördert so die Interaktion unter seinen Beiträgen. Auch zu Gesellschafts- und politischen Themen äußert sich Widl mit bemerkenswerter Reichweite.
Aus der HR-Perspektive interessant ist die LinkedIn-Strategie von Carmen Dücker, CEO der BWH Hotel Group Central Europe. Sie erzählt Geschichten über Menschen aus dem Unternehmen und lässt so hinter die Kulissen der Hotelkette blicken. Mit Erfolg: ,,Bei mir bewerben sich inzwischen Kandidaten initiativ, die nicht über Stellenausschreibungen, sondern durch meine Posts neugierig auf uns geworden sind.“ Was beide Unternehmen schaffen: Sie sorgen für Synergien zwischen CEO- und Corporate-Kanal.
Xing fällt immer weiter hinterLinkedIn zurück
Neben LinkedIn hat die Studie auch die Xing-Nutzung im Mittelstand beleuchtet und bestätigt einen seit der Pandemie anhaltenden Trend: Die einst im DACH-Raum einst sehr beliebten Plattform hat gegenüber LinkedIn längst den Anschluss verloren: Nur noch jeder zehnte Mittelständler setzt auf den deutschen Vertreter – bei kleinen und mittelgroßen Firmen mit maximal 50 Millionen Euro Umsatz sind es sogar nur sechs Prozent. Was statistisch ebenfalls auffällt: Die Linkedln-Accounts sind deutlich internationaler ausgerichtet als ihre Pendants bei Xing. Fast alle Mittelständler, die Xing (noch) nutzen, sind dort rein deutschsprachig unterwegs. Auf Linkedln gilt dies nur für rund 45 Prozent. Die übrigen kommunizieren bilingual oder komplett auf Englisch.
„Xing hat im Business-Kontext nahezu keine Relevanz mehr“, betont Timm Rotter. Umso wichtiger sei es für Unternehmen, den Fokus auf LinkedIn zu setzen. „Unsere Studie hat hier einen blinden Fleck auf der Social-Media-Landkarte beleuchtet. Denn zur Nutzung sozialer Medien in DAX-Konzernen gibt es diverse Analysen. Aber ausgerechnet das wichtigste Segment unserer Wirtschaft war bisher sehr unterbelichtet. Mich hat überrascht, dass die Metallbranche so deutlich gegenüber anderen Industrien heraussticht. Umso größter sollte für Firmen, die LinkedIn noch nicht nutzen, doch der Ansporn sein, nachzuziehen.“