Über die Zeit hat sich LinkedIn von einer Plattform zur Vernetzung mit Geschäftskontakten zu einem Social-Media-Angebot entwickelt, dass einen positiven Einfluss u.a. auf Vertrieb, Recruting und überhaupt die Unternehmensleistung ausübt. Wie man sich hier als Unternehmen und Geschäftslenker positionieren kann, weiß Timm Rotter, Experte für digitale Kommunikation und modernes Corporate Publishing. Ausgangspunkt für das Gespräch ist diese Studie zur LinkedIn-Nutzung im Mittelstand, in der sich die Metallbranche als Lichtblick zeigt.
Der Beitrag stammt aus Ausgabe 6/24 von stahl + eisen. Interviewpartner ist Timm Rotter, Gründer und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur In A Nutshell.
stahl + eisen: Herr Rotter, warum ist es für Mittelständler so wichtig, LinkedIn professionell zu nutzen?
Rotter: Zwei Gründe: Zum einen wird LinkedIn immer noch unterschätzt bei einer Generation von Unternehmensentscheidern, die eher mit Facebook oder Twitter aufgewachsen sind: Die Plattform ist im Social-Media-Kosmos einer der größten Aufsteiger der vergangenen Jahre. Ende 2020 hatte LinkedIn noch 15 Millionen Nutzer im DACH-Raum. Jetzt, dreieinhalb Jahre später, sind es 22 Millionen – also 47 Prozent mehr. Zum Vergleich: lm gleichen Zeitraum schrumpfte Facebook um 7 Prozent.
stahl + eisen: Und der andere Grund?
Rotter: Dass LinkedIn Business-wirksam ist: Die Plattform sei aus dem Kommunikations-Ökosystem seines Hauses nicht mehr wegzudenken, hat einer der von uns interviewten Mittelstands-CEOs gesagt, der die Potenziale der Plattform verstanden hat. Die Plattform hat nachgewiesenermaßen einen signifikant positiven Einfluss auf die Unternehmensleistung, den Vertrieb, das Recruiting und die Innovationsfähigkeit von Unternehmen. lnsofern gilt 2024 mehr denn je: Mittelständler, die LinkedIn nicht professionell nutzen, lassen Business-Chancen liegen. Das gilt gerade in B2B-Branchen wie der Eisen- und Stahlindustrie.
LinkedIn hat nachgewiesenermaßen einen signifikant positiven Einfluss auf Unternehmensleistung, Vertrieb, Recruiting und Innovationsfähigkeit.
stahl + eisen: Was ist mit Xing?
Rotter: Das ist schnell abgehandelt. Die Plattform hat es schlichtweg nicht geschafft, ein modernes Social Network zu werden, auch wenn sie beim Recruiting durchaus noch Potenzial bietet.
stahl + eisen: Was muss ein Mittelständler bedenken, wenn es langfristig bei LinkedIn erfolgreich sein möchte?
Rotter: Es braucht Dreierlei: eine individuell passende und auf die Ziele und Zielgruppe zugeschnittene Kanal- und Content-Strategie. Ausreichend und idealerweise interne Ressourcen, um die eigenen Kanäle dauerhaft professionell zu betreuen. Und ein Bewusstsein für den Wert von Corporate Ambassadors und eine Strategie, um die eigenen Mitarbeitenden zu Botschaftern zu machen
stahl + eisen: Der Reihe nach? Kanal- und Content-Strategie klingt ganz schön werblich …
Rotter: Erwischt … Nein, was ich meine, ist, dass es vor allem darum geht, eine klar definierte Nische zu finden. Eine große Zahl der Mittelständler nutzt ihre Accounts als „Gemischtwarenladen“, auf denen jedes Thema seinen Platz findet. Das Spektrum reicht von Veranstaltungsankündigungen über Stellenanzeigen bis zu Corporate News. Letztere oft sogar als schlichte Verlinkung oder liebloses Copy- Paste der Pressemitteilung. Auch visuell fehlt oft die Stringenz: User verweilen im Schnitt nur knapp eine Sekunde auf jedem Content im Feed. Wenn sie beim Durchscrollen nicht sofort erkennen, wer der Absender ist, wischen sie vielleicht über Postings hinweg, die sie sonst lesen würden.
stahl + eisen: Zu den Ressourcen – Ihr Geschäft ist doch, Unternehmen bei LinkedIn zu beraten. Wieso raten Sie dann zu „internen“ Kapazitäten?
Rotter: Weil authentisches Social-Media-Marketing allein durch externen Support nicht leistbar ist. Aber, und das Feedback haben wir mehrmals gehört, eingebettet in die Abläufe einer generell professionellen Corporate-Communication- oder Marketing-Abteilung sind die Aufwände überschaubar.
Kluge Ambassador-Strategien umfassen das ganze Spektrum an Mitarbeitenden.
stahl + eisen: Ihr dritter Punkt – Corporate Ambassadors – spielt auf den aktuell wohl wichtigsten Trend in Social Media an, die eigenen Mitarbeiter zu Unternehmensbotschaftern zu machen, die auf ihren persönlichen Profilen eigene Geschichten erzählen. Wieso ist das so wichtig?
Rotter: Reichweite und Engagement, also die Menge an Likes und Kommentaren, von Corporate Content gehen – auf allen Plattformen – seit Jahren leicht, aber stetig zurück. Umso wichtiger ist es, Menschen aus dem Unternehmen sichtbar werden zu lassen. Dies sind die Corporate Ambassadors. Was uns dabei wichtig ist: Ein ,,Social CEO“ allein reicht dabei nicht aus, zu unterschiedlich sind die Themen, Ansprachen und Kanäle, um die wichtigsten externen und internen Zielgruppen erfolgreich zu erreichen. Daher umfassen kluge Ambassador-Strategien das ganze Spektrum an Mitarbeitenden – von den Trainees bis zum Top-Management.
stahl + eisen: Wer sind die wichtigsten Ambassadors auf LinkedIn?
Rotter: Ganz klar Führungskräfte: Für sie wird LinkedIn weiterhin an Bedeutung gewinnen. Denn nirgendwo sonst erreichen sie so direkt und so schnell die für sie relevanten Zielgruppen, können als Thought Leader zur Positionierung ihrer selbst oder ihrer Firma beitragen oder neue und potenzielle Kunden und Mitarbeiter erreichen. Allerdings ist der Grat schmal zwischen Thought Leadership und Selbstmarketing. Kommunikation und Marketing müssen hier die Executives auch schützen – zu viele CEOs sind auf LinkedIn schon in die Selbstdarstellungsfalle getappt.
stahl + eisen: LinkedIn ist nicht neu – sind Unternehmen, die jetzt starten, nicht spät dran?
Rotter: ln keinem Fall ist es zu spät. Die meisten erfolgreichen Unternehmen, die wir befragt haben, sind auch erst während oder nach der Pandemie aktiv geworden. Und wir sehen es ja in der Eisen- und Stahlindustrie: Nur jeder dritte Mittelständler ist überhaupt erst auf LinkedIn aktiv. Unternehmen, die jetzt starten, sind im Marktvergleich immer noch gut dabei sind. Dabei geben wir mit In A Nutshell gerne die nötige Starthilfe – immer mit dem Ziel, dass unsere Kunden bald auf eigenen Beinen stehen.
stahl + eisen: Herzlichen Dank für den Austausch!