Thyssenkrupp Steel Europe erweitert seine Forschungsaktivitäten im Bereich CO2-armer Stahlproduktion auf eine Kooperation mit BlueScope Steel. Im Mittelpunkt dieser Zusammenarbeit stehen die Einschmelzaggregate. Sie sind ein zentraler Bestandteil des ersten Transformationsschrittes zu einer klimaneutralen Stahlproduktion. Konkret: der Ersatz des ersten Hochofens durch eine Direktreduktionsanlage (DR-Anlage) mit nachgeschalteten Einschmelzern.
In den Einschmelzern werden direktreduziertes Eisen (DRI) und Zuschlagstoffe zu Roheisen erschmolzen. Zwei baugleiche Einschmelzer, jeweils elektrisch betrieben, mit einer Leistung von je 100 MW werden errichtet, um die jährliche Menge von 2,5 Millionen Tonnen DRI zu verarbeiten. Das DRI wird über Heißförderanlagen direkt von der DR-Anlage zu den Einschmelzern transportiert. Die Schmelzprozesse laufen kontinuierlich mit Hilfe von vielen Hochleistungs-Elektroden und vorzugsweise erneuerbarem Strom in geschlossenen Ofengefäßen ab.
Sowohl das geschlossene System als auch die kontinuierliche Betriebsweise unterscheidet die Einschmelzertechnologie von konventionellen Elektrolichtbogenöfen. Im Prozess werden Temperaturen von bis zu 1.700°C erreicht, die Einschmelzer sind daher mit Feuerfestmaterial ausgekleidet. Das Roheisen und die anfallende Schlacke werden in den jeweiligen Gießhallen über separate Abstichlöcher abgelassen. Das Roheisen wird anschließend über ein Rinnensystem in Torpedopfannen gefüllt und in die Stahlwerke zur Weiterverarbeitung transportiert. Die flüssige Schlacke wird zur Schlackengranulation geleitet, um Hüttensand herzustellen, der als Ersatz für Zementklinker in der Zementindustrie genutzt wird.
Zusammenarbeit mit BlueScope Steel soll u.a. das Prozessverständnis erhöhen
Die Einschmelzer bieten zahlreiche Vorteile im Verbund einer integrierten Hütte: Sie ermöglichen die Produktion gleichwertigem „Elektroroheisen“, wobei alle Prozessstufen inklusive des Stahlwerks beibehalten werden und Investitionen in den Anlagenpark minimiert bleiben. Die Beibehaltung aller Prozessschritte ab der Stahlwerksstufe soll das gesamte Gütenportfolio in gewohnt hoher Qualität, verspricht Thyssenkrupp Steel. Zudem biete der Einsatz eines Einschmelzers eine flexible Rohstoffbasis, heißt es. Die Begründung: Auch DR-Pellets mit höherem Gangartanteil und Stückerz ließen sich in der DR-Anlage einsetzen. Auch die Abgase der Einschmelzer können stofflich oder thermisch weiterverwendet werden.
Im Rahmen der Forschungskooperation mit BlueScope Steel, die auf vier Jahre angelegt ist, sollen das Prozessverständnis und das Anlagenmanagement im Vorfeld der Inbetriebnahme des Einschmelzers optimiert werden. Dazu gehören die Themen Elektrodenmanagement, Ofenfahrweise, Prozessparameter, Feuerfestmaterial und Instandhaltung. BlueScope Steel bringt wertvolle Erfahrung aus dem Betrieb von Einschmelzern in Neuseeland ein, die mit DRI aus Eisensand betrieben werden.
Korrespondierendes Forschungsprojekt für Schlacke
Die Transformation zur klimaneutralen Stahlproduktion hat auch Auswirkungen auf die Nebenprodukte. Das Forschungsprojekt „SAVE CO2“, das bereits 2021 gestartet wurde, zielt darauf ab, die Einschmelzerschlacke so zu konditionieren, dass sie, wie bisher der Hüttensand, aus den Hochofenschlacken genutzt werden kann. So können zukünftig auch die Schlacken einer CO2-freien Eisenerzreduktion weiterhin als Ersatzstoffe in der Zementindustrie verwendet werden und damit zur Kreislaufwirtschaft beitragen. Auch in einer dekarbonisierten Stahlproduktion werden so die positiven technologischen, ökonomischen und ökologischen Eigenschaften der entstehenden Schlacken beibehalten.
Diese umfassende Strategie ermöglicht eine klimaneutrale und nachhaltige Stahlproduktion, die durch intensive Forschung und die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie BlueScope Steel gestärkt wird. Dabei werden die Vorteile einer integrierten Produktion, wie die vollständige Verwertung aller im Prozess entstehenden Materialien und die effiziente Nutzung von Produktkreisläufen, gewahrt. Dies sichert nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit, sondern fördert auch die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie.
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