Der österreichische Stahlkonzern Voestalpine konnte sich im 1. Halbjahr des Geschäftsjahres 2024/25 (1. April – 30. September 2024) in einem vor allem für die europäische Stahlindustrie schwierigen Umfeld gut behaupten. Das lässt sich im Ergebnis ablesen, in dem schwarze Zahlen zu finden sind – das schafft derzeit nicht jeder. Die gewählte Strategie habe dabei – die Konzentration auf hochtechnologische Stahlprodukte – „einmal mehr ihre Stärke“ bewiesen, heißt es aus dem Unternehmen.
So entwickelten sich die Bereiche Bahninfrastruktur und Luftfahrt im ersten Halbjahr sehr gut. Weiterhin besonders stark ist die Nachfrage nach den hochmodernen, aus anspruchsvollsten Stahlprofilen gefertigten Hochregallagersystemen der voestalpine. Eine rückläufige Nachfrage verzeichnete der Energiebereich, die Bau- und Maschinenbauindustrie verblieben auf einem anhaltend niedrigen Niveau. Im Automobilbereich signalisierten Gewinnwarnungen namhafter europäischer Automobilhersteller keine baldige Verbesserung der Absatzzahlen der europäischen Automobilindustrie. Das wirkt sich auch auf die Nachfrage nach den voestalpine-Produkten aus. Die außereuropäischen Automotive Components-Standorte hingegen wiesen eine unverändert gute Auslastung auf.
Schwarze Zahlen vor und nach Steuern
Die Umsatzerlöse schwächten sich im 1. Halbjahr 2024/25 ab und lagen mit 8,0 Mrd. EUR um 5,5 % unter der Vergleichsperiode im 1. Halbjahr 2023/24 (8,5 Mrd. EUR). Das operative Ergebnis EBITDA verminderte sich im 1. Halbjahr 2024/25 im Vorjahresvergleich um 20,5 % auf 718 Mio. EUR (1. HJ 2023/24: 903,4 Mio. EUR). Das operative Ergebnis ist auch von negativen Einmaleffekten beeinflusst: Wie berichtet, hat die voestalpine die Verhandlungen für den Verkauf ihrer deutschen Konzerntochter Buderus Edelstahl mit der Vertragsunterzeichnung mit dem deutschen Beteiligungsunternehmen Mutares SE & Co. KGaA abgeschlossen. Durch den Abwertungsbedarf im Zuge des Verkaufsprozesses ergaben sich im 1. Halbjahr 2024/25 negative Sondereffekte in Höhe von 81 Mio. EUR. Die Transaktion wird voraussichtlich bis zum Ende des 4. Kalenderquartals 2024 abgeschlossen sein.
Das Betriebsergebnis EBIT ging im Vorjahresvergleich um etwa ein Drittel auf 338 Mio. EUR zurück (1. HJ 2023/24: 519 Mio. EUR). Das Ergebnis vor Steuern kam mit 249 Mio. EUR um 41,9 % unter dem Vorjahreswert von 428 Mio. EUR zu liegen. Das Ergebnis nach Steuern reduzierte sich um 43,0 % auf 183 Mio. EUR. (1. HJ 2023/24: 321 Mio. EUR).
Wichtige Zukunftsprojekte
Die voestalpine hat im 1. Halbjahr 2024/25 zahlreiche wichtige Zukunftsprojekte vorangetrieben. Dazu zählen etwa neue langfristige Verträge mit zwei global tätigen Lkw-Herstellern für den nordamerikanischen Markt. Die voestalpine erweitert dafür die Produktionskapazitäten an ihrem bestehenden Standort in Indiana, USA. Die Investition für die Expansion beträgt 70 Mio. EUR (78 Mio. USD) und schafft 110 neue Arbeitsplätze. Im Bereich Hochregallager realisiert die voestalpine aktuell unter anderem Projekte für die dänische Handelskette JYSK sowie den südkoreanischen Reifenhersteller Nexen Tire Corporation. Für letzteren baut die voestalpine bis 2025 in Tschechien das mit 50 Metern bisher höchste Hochregallager in der Konzerngeschichte. Positive Neuigkeiten gibt es auch von einem Prestige-Projekt im Bahninfrastrukturbereich: voestalpine Railway Systems liefern für die Errichtung der ersten ägyptischen Hochgeschwindigkeitstrecke („Green Line“) rund 260 Hochgeschwindigkeitsweichen inkl. Weicheninstandhaltungssoftware – die ersten Weichen haben nun das Werk in Kairo verlassen.
Die voestalpine hat im Juni als erstes europäisches Stahlunternehmen ihr „green financing framework“ veröffentlicht und darauf basierend bei großem Investoreninteresse Ende September erstmals eine grüne Anleihe mit einem Volumen von EUR 500 Mio. begeben (Valuta: 3. Oktober 2024 und somit im Halbjahresabschluss 2024/25 nicht enthalten). Die Erlöse werden zu 100 Prozent zur Finanzierung nachhaltiger voestalpine-Projekte, wie etwa greentec steel, verwendet.
Ausblick
Zu Beginn des Geschäftsjahres 2024/25 stand der schwachen Entwicklung der Bau-, Maschinenbau und Konsumgüterindustrie eine sehr gute Nachfrage aus den Bereichen Eisenbahninfrastruktur, Luftfahrt, Lagertechnik sowie aus dem konventionellen Energiesektor gegenüber. Auch die Automobilindustrie performte weitgehend stabil auf solidem Niveau.
Bereits im Verlauf des 1. Quartals schwächte sich der konventionelle Energiebereich spürbar ab und auch die Automobilindustrie verlor nach einer Reihe von Gewinnwarnungen namhafter europäischer OEMs am Ende des 2. Quartals deutlich an Dynamik. Die wirtschaftliche Stimmung in Europa kippte im Verlauf des 1. Halbjahres 2024/25 nachdem große Konzerne umfassende Pläne zum Personalabbau ankündigten.
Infolgedessen musste der voestalpine-Konzern seine Ergebniserwartung am 14. Oktober 2024 per Ad-hoc-Mitteilung zurücknehmen. Auf Basis des Ergebnisses des 1. Halbjahres 2024/25, den deutlich eingetrübten Marktentwicklungen in Europa sowie den nicht wiederkehrenden Ergebnisbelastungen von in Summe über 100 Mio. EUR aus dem Verkauf von Buderus Edelstahl und der Reorganisation des Automotive Components-Geschäfts in Deutschland, erwartet der Vorstand der voestalpine AG für das Geschäftsjahr 2024/25 aus heutiger Sicht ein EBITDA in einem Bereich von in etwa 1,4 Mrd. EUR.
Foto: Voestalpine