Auf der diesjährigen Hauptversammlung zogen Vorstand und Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG ihre Bilanz zum abgelaufenen Geschäftsjahr und wagten einen Ausblick auf die weitere Entwicklung. Man sieht sich beim angekündigten Konzernumbau auf Kurs und will auf dieser Route weiter unterwegs sein – auch beim Stahl.
Taktzahl und Geschwindigkeit der eingeleiteten Entscheidungen und Maßnahmen beim angekündigten Umbau von Thyssenkrupp seien im vergangenen Jahr „so hoch wie nie“ gewesen, berichtete Prof. Dr. Siegfried Russwurm Ende Januar bei der Hauptversammlung der Thyssenkrupp AG. In allen Segmenten habe man „wichtige Weichenstellungen vorgenommen, um die Leistungsfähigkeit der Geschäfte nachhaltig zu verbessern“, zeigte sich der Vorsitzende des Aufsichtsrats fest überzeugt vom Kurs und dem Erfolg der bisherigen Maßnahmen. Diesen Weg der Transformation werde das Unternehmen auch im laufenden Geschäftsjahr „mit großer Entschlossenheit fortsetzen“, wobei es das wirtschaftliche Umfeld und die geopolitischen Rahmenbedingungen notwendig machten, „noch zügiger und konsequenter“ voranzukommen als bisher, so Russwurm weiter.
Stahl im Umbruch, Handel im Ausbau
Im Stahlsegment wurde mit dem 20-prozentigen Einstieg der EP Group ein wichtiger Meilenstein in Richtung Verselbstständigung des Geschäfts gesetzt. Angestrebt wird weiterhin ein 50/50-Joint-Venture mit der EP Group. Ende vergangenen Jahres wurde zudem ein Zukunftskonzept vorgelegt, das aufgrund der Überkapazitäten auf dem Weltmarkt eine Reduktion der Produktionskapazitäten von 11,5 auf 8,7 bis 9 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr vorsieht – und Stellenabbau. Zudem konnte der Verkauf des Elektrobandgeschäfts in Indien für 440 Mio. Euro erfolgreich abgeschlossen werden. Zentraler Schwerpunkt bleibt der Umbau zu einer klimaneutralen Stahlproduktion. Bis 2030 sollen dazu zwei Hochöfen in Duisburg durch die im Bau befindliche Direktreduktionsanlage ersetzt werden.
Die Handelssparte, Materials Services, setzt verstärkt auf datengetriebene Supply-Chain-Lösungen und digitale Geschäftsmodelle, um seine Marktposition weiter auszubauen. Die Entwicklung geht zunehmend vom traditionellen Werkstoffhändler zum voll digitalisierten Lieferkettenmanager. So wurde die langjährige Partnerschaft mit einem der weltweit führenden Flugzeughersteller für umfassende Supply-Chain-Dienstleistungen langfristig verlängert. Darüber hinaus wurden in den USA und Mexiko neue Service-Center eröffnet, um den Wachstumskurs in Nordamerika fortzusetzen.
Konzernumbau auch mit Wandel in anderen Sparten
In dem im vergangenen Geschäftsjahr neugegründeten Segment Decarbon Technologies konnten wichtige neue Kundenprojekte gewonnen werden. Konkret nennt man CO2-Abscheidungstechnologien in der Zementindustrie und zur Wasserstoffherstellung. Darüber hinaus wurden die Geschäfte stärker auf zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen ausgerichtet. Speziell im Anlagenbau, bei Polysius und Uhde, liegt der Fokus auf dem Umbau der Geschäftsmodelle hin zu modularisierten und standardisierten Produkten sowie dem Ausbau des profitablen Servicegeschäfts. Damit soll künftig neues Wachstum vor allem in Südeuropa, dem Nahen Osten, Nordamerika und Asien erschlossen werden. Im Automobilsegment laufen Verhandlungen zum Verkauf der Geschäftseinheit Federn & Stabilisatoren. Zudem sollen die Powertrain-Aktivitäten am Standort Bremen bis 2026 schrittweise heruntergefahren werden. Auch der Geschäftsbereich Automotive Body Solutions wird in Deutschland strukturell neu ausgerichtet, um Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität zu erhöhen.
Laufendes Geschäftsjahr als „Jahr der Entscheidungen“
2025 werde für Thyssenkrupp „ein Jahr der Entscheidungen“, so sagt Miguel López, Vorsitzender des Vorstands. Das gelte aus seiner Sicht in vielerlei Hinsicht: „Mit der geplanten Restrukturierung geht der Stahl große Schritte in Richtung Verselbstständigung. Auch der Spin-off des Marinegeschäfts wird konkret. Für den langfristigen Erfolg richten wir alle Geschäfte auf Dekarbonisierung aus. Sobald die grünen Märkte ihre volle Dynamik entfalten, werden wir vorbereitet sein. Das mittel- und langfristige Ziel des Konzerns bleibt ein nachhaltig positiver Free Cashflow vor M&A und ein dauerhaft positiver Wertbeitrag.“ Entsprechend will López bei der Performance zulegen und die Geschäfte auf Wettbewerbsniveau bringen. Auch sollen die finanziellen Ziele fest im Blick bleiben.
Foto: Thyssenkrupp