Thyssenkrupp treibt die Transformation seines Konzerns voran: Der Vorstand verfolgt das Ziel, die Geschäftsbereiche Schritt für Schritt zu verselbstständigen und für Beteiligungen Dritter zu öffnen. Dabei setzt der Traditionskonzern auf mehr Eigenverantwortung, Kapitalmarktfähigkeit – und langfristig stabile Perspektiven für Belegschaft und Investoren. In den Medien wird die Maßnahme als drastischer Einschnitt in der Geschichte des Traditionskonzerns interpretiert.
Der Vorstand der Thyssenkrupp AG sieht sich bei der Entwicklung eines strategischen Zielkonzepts für die zukünftige Ausrichtung des Gesamtkonzerns deutlich fortgeschritten. Er will seine Absichten noch in diesem Geschäftsjahr dem Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG vorstellen. Kern der Überlegungen ist es, schrittweise alle Geschäftsbereiche von Thyssenkrupp zu verselbstständigen und für die Beteiligung Dritter zu öffnen. Mit der eingeleiteten Abspaltung eines Minderheitsanteils von Thyssenkrupp Marine Systems und dem angestrebten 50/50-Joint-Venture von Thyssenkrupp Steel Europe mit EPCG wurden hierfür – so das Unternehmen in seiner Pressemitteilung – „bereits wichtige Weichenstellungen“ vorgenommen. Eine neue Entwicklung ist das nicht, schon auf der Hauptversammlung im Februar hieß es, dass man beim Konzernumbau auf Kurs sei und die Route beibehalte.
Kapitalmarktfähigkeit der Geschäftsbereiche als neues Modell
In den kommenden Jahren sollen sich die Segmente Materials Services und Automotive Technology ebenfalls kapitalmarktfähig aufstellen und in die Eigenständigkeit folgen, sobald die dafür nötigen Voraussetzungen geschaffen sind. Auch das noch junge Segment Decarbon Technologies soll perspektivisch verselbstständigt werden – nachdem die Märkte für grüne Technologien entsprechend Fahrt aufgenommen haben. Dabei strebt die Thyssenkrupp AG – mit Ausnahme des geplanten Joint-Ventures – grundsätzlich an, nach Herstellung der Kapitalmarktfähigkeit Mehrheitsbeteiligungen an den Geschäftsbereichen zu halten. Das Ziel ist, einen „fokussierten, agilen und neu gegliederten Industriekonzern“ zu bilden. In der Pressemitteilung heißt das: eine „strategische Konzernführungsgesellschaft mit starken, eigenverantwortlichen Unternehmen“. Verschiedene Marktstimmen sprechen in Medienberichten hingegen von einer Zerschlagung des Konzerns.
Die Konzernführung sieht das naturgemäß anders. „Mit der strategischen Neuaufstellung von Thyssenkrupp setzen wir unseren eingeschlagenen Kurs entschlossen fort. Die künftige Eigenständigkeit unserer heutigen Segmente – mit dem Vorteil eines eigenen Kapitalmarktzugangs und der Möglichkeit für die Beteiligung Dritter – wird ihre unternehmerische Flexibilität erhöhen, ihre Investitionsvorhaben sowie Ergebnisverantwortung stärken und die Transparenz für Investoren verbessern“, erläutert Miguel López, Vorstandsvorsitzender der Thyssenkrupp AG, das Zielbild. „Ein solcher Schritt ermöglicht es, das volle Wertschöpfungspotenzial der Geschäfte zu heben und ihre Eigenständigkeit gezielt für Investitionen, Marktchancen und weiteres Wachstum zu nutzen. Gleichzeitig behält die Thyssenkrupp AG die Kontrolle und wird weiterhin an der zukünftigen Wertentwicklung der Geschäfte partizipieren.“
Konzernleitung verspricht Zukunft mit Perspektive – auch für die Belegschaft
Die geplanten Maßnahmen stünden im Einklang mit der bereits angekündigten Strategie der Thyssenkrupp AG, jedem Geschäft „die bestmögliche Ausgangslage für profitables Wachstum und eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit zu bieten“, heißt es. Thyssenkrupp Nucera habe sich in der heutigen Eigenverantwortung, mit direktem Zugang zu externen Kapitalquellen und klaren Eigentümerstrukturen „positiv weiterentwickelt“, so López. Die Thyssenkrupp AG hält an dem Unternehmen die Mehrheitsanteile. „Daran wollen wir anknüpfen. Wir sind davon überzeugt, dass die Segmente in einer eigenständigen Aufstellung die weltweiten Wachstumschancen ihrer Branchen am besten nutzen können und werden“, ergänzt der Konzernchef.
Mit der Neuaufstellung biete der Konzern seinen weltweit fast 96.000 Mitarbeitern eigenem Bekunden zufolge „eine klare Zukunftsperspektive“. Wilfried von Rath, CHRO und Arbeitsdirektor der Thyssenkrupp AG: „Indem wir die Voraussetzungen für eine bestmögliche Entwicklung der Segmente schaffen, geben wir den Menschen bei Thyssenkrupp eine gute und sichere Zukunft. Denn wettbewerbsfähige und zukunftsfähige Geschäfte sind die Grundvoraussetzung für langfristig sichere Arbeitsplätze. Die weltweit hohe Strahlkraft der Marke sowie die starke emotionale Verbundenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Thyssenkrupp sind eine hervorragende Basis, um den Traditionskonzern unter neuen Vorzeichen wieder erfolgreich aufzustellen.“
Foto: Thyssenkrupp Steel Europe