Fossilfrei erzeugter Stahl ist auf dem Weg, die Märkte zu verändern. Doch der Markt ist unübersichtlich. Einheitliche Standards, was „grüner“ Stahl ist und wie die Emissionen, die bei der Produktion entstanden sind, gezählt werden, bestehen derzeit noch nicht. Eine Antwort auf diese Fragen hat Stahlo bereits mit seinem Klassifizierungslabel gegeben. Nun geht das Stahl-Service-Center noch einen Schritt weiter. Auf der Euroblech 2022 stellt das Unternehmen anhand eines PCF (Product Carbon Footprint)-Demonstrators, eine Beispiel-Anwendung vor, die das Zeug hat, das Vertrauen in Lieferketten mit fossilfrei erzeugtem Stahl deutlich zu stärken. Die technologische Basis des Projekts „Stahlo SteelGate“ bildet eine Blockchain-Applikation.
Das Interesse an „grünem“ Stahl ist hoch. Doch für Stahlverarbeiter entsteht durch den Mangel an zuverlässiger Information ein großes Unsicherheitspotenzial. Die Frage, die viele umtreibt: Wie bekomme ich zuverlässige Informationen darüber, wie sich der CO2-Footprint eines Stahlerzeugnisses zusammensetzt? Und wie zuverlässig können diese Informationen in den Lieferketten weitergegeben werden?
Von der Herstellung bis zum Endprodukt: Stahlerzeugnisse durchlaufen viele verschiedene Produktions- und Prozessschritte. Das werksunabhängige Stahl-Service-Center Stahlo etwa fertigt aus Flachstahl-Coils der Hersteller für seine Abnehmer Spaltband, Zuschnitte und Formplatinen – hochpräzise und nach Kundenwunsch. Wieviel CO2 dabei über die gesamte Kette der Produktions- und Verarbeitungsstufen der Erzeugnisse anfällt, gewinnt für Kunden eine immer größere Bedeutung. Denn Automobilhersteller und ihre Zulieferer, beides Kundenbranchen von Stahlo, setzen im Zuge der Null-Emissions-Strategie der EU, mit der auf dem Kontinent bis 2050 klimaneutral gewirtschaftet werden soll, künftig auf „grünen“ Stahl.
Hauseigene Datenbank von Stahlo als Grundlage
„Das ist eine tiefgreifende Umstellung in den Lieferketten, der Markt für fossilfrei erzeugten Stahl ist jedoch gerade erst im Entstehen. Entscheidend für das reibungslose Funktionieren dieses neuen Stahl-Ökosystems sind zuverlässige Informationen“, ist der Geschäftsführer der Stahlo Stahlservice GmbH & Co. KG Oliver Sonst überzeugt.
Zwar gibt es mittlerweile ein wachsendes Knowhow zu den verschiedenen Ansätzen, CO2-Profile für Stahlerzeugnisse zu erstellen, etwa anhand der verschiedenen Herstellrouten. Dieses Wissen hat Stahlo in einer eigenen Datenbank gesammelt. Sie ist Grundlage für das Klassifizierungslabel von Stahlo, das die Erzeugnisse je nach angefallenen Emissionen allgemein einteilt und für die Kunden einfach vergleichbar macht. Doch je größer der Markt für grünen Stahl wird, desto deutlicher wird der Bedarf auch an genauen Detail-Informationen zu den konkreten Stahlerzeugnissen, die Kunden erwerben. Und die müssen vor allem eines sein: zuverlässig.
Manipulationsschutz entlang der Stahl-Lieferkette
Auf der Euroblech 2022 zeigt Stahlo nun anhand eines PCF-Demonstrators eine Beispiel-Anwendung namens „SteelGate“. Diese stößt genau in diese Lücke und zeigt, wie sich ein CO2-Tracking entlang der Lieferkette Stahl realisieren lässt. Die Grundidee dabei ist simpel. Jedem Stahlerzeugnis wird ein konkreter Datensatz zugeordnet. Bei jedem Produktionsschritt wird dieser Datensatz mit Informationen zu den jeweils angefallenen Emissionen angereichert und mit dem Erzeugnis weitergegeben. Verwender am Ende der Lieferkette verfügen somit über einen vollständigen Satz an Informationen zum Product Carbon Footprint genau des Stahls, den sie geordert haben. Verkettete Informationen sind auch heute nichts Ungewöhnliches – allerdings bisher weitgehend analog. Sie enthalten zudem keine Daten zu den entstandenen Emissionen, sondern andere Produktions- und Qualitätsdaten – und sind anfällig für mögliche Manipulationen.
Blockchain-Technologie als Lösungsansatz
Ein vielversprechender Lösungsansatz kann die Blockchain-Technologie sein. Eine Blockchain sichert dank hochsicherer kryptografischer Verfahren solche Informationsketten gegen unerlaubte Eingriffe jedweder Seite ab. Dies wird möglich durch die dezentrale Verteilung der Datensätze auf viele Instanzen. So ist der Stahlhersteller eine Instanz, der Weiterverarbeiter eine zweite, und so fort. Wird einem der Datensätze nun eine weitere Information eines Verarbeitungsschritts hinzugefügt, ändern sich alle Datensätze aller verteilten Instanzen zugleich mit. Die kryptografische Verkettung der Informationsblöcke stellt dabei sicher, dass an keiner Stelle Manipulationen möglich sind. Würde ein Datensatz einer einzelnen Instanz unerlaubt geändert, beispielsweise indem die bisher angefallene Emissionen reduziert würden, würden das alle anderen verteilten Datensätze aufgrund der kryptografischen Verknüpfung automatisch registrieren.
„Unsere Kunden in der Automobil- und Zulieferindustrie, aber auch in anderen Branchen interessiert mehr und mehr, wieviel CO2 tatsächlich in dem Stahl steckt, den sie bei uns bestellen. Dazu geben wir bereits mit unserem Klassifizierungslabel Auskunft. Mit der Blockchain-Anwendung, die wir auf der Euroblech in Hannover zeigen, können wir dem Material nun entlang der Lieferkette auch Emissionen eindeutig zuweisen, die nicht verändert werden können“, so Oliver Sonst.
Nicht die Technik, Transparenz ist entscheidend
Die eingesetzte Krypto-Technologie ist jedoch nicht entscheidend, erläutert Stahlo-Chef Sonst weiter. „Das Interesse an ‚grünem‘ Stahl und damit das Bedürfnis nach adäquater Information nimmt zu. Entscheidend ist dabei nicht die Datentechnologie, sondern die Transparenz und das Vertrauen in die Lieferkette, stimmende, zuverlässige Informationen zu konkreten grünen Stahlerzeugnissen zu bekommen“, so Oliver Sonst weiter. „Als werksun-abhängiges Stahl-Service-Center sind wir in einer idealen Position, dieses Bedürfnis nach zuverlässiger Information zu bedienen. Diese Transparenz stärkt das Vertrauen der Endkunden. Gerade bei der wachsenden Komplexität im Geschäftsfeld ist das die relevante Voraussetzung, um Investitionen zu tätigen.“
Besucher können Emissionsprofil live erstellen
Besucher des Stahlo-Messestands (Halle 17, Stand B66) haben die Möglichkeit, einen Blockchain-Datensatz selbst zu kreieren. Das zu Grunde liegende Stahlerzeugnis wird dabei auf Basis des Stahlo-Klassifizierungslabels live auf der Messe konfiguriert. In mehreren Schritten wird anhand der Systematik der Klassifizierung ein Emissionsprofil erstellt, das sich dann als Label vor Ort ausdrucken lässt. Per Barcode wird anhand dieses fiktiven Erzeugnisses dann ein Ausgangs- Blockchain-Datensatz erzeugt, den Besucher live auf dem Monitor über verschiedene Stufen der Supply Chain einsehen bzw. verfolgen können.
Stahlo verspricht mit App „wirklich grünen Stahl“
Mit SteelGate zeigt Stahlo, wie alle Dateneingaben vollständig bis zu ihrer ursprünglichen Quelle rückverfolgbar sind. Name des Autors, Daten und Zeitpunkt der Eingabe sind immer transparent. Das Ergebnis: Grüner Stahl bleibt über alle Verarbeitungsprozesse als wirklich grüner Stahl – d.h. als fossilfrei erzeugter Stahl – erkennbar.
„Wir haben unsere Beispiel-Anwendung nicht von Grund auf neu entwickelt, sondern setzen auf bestehende Standards auf. Die Anwendung selbst läuft zum Beispiel auf der sehr energieeffizienten Polygon-Plattform. Wir erzeugen damit reale Blockchain-Datensätze, die wir bei Interesse auch zur Verfügung stellen können“, so Oliver Sonst.
Neben der Sicherheit und dem Vertrauen, die das kryptografische Verfahren ermöglicht, bietet eine Blockchain-Anwendung der Stahlindustrie noch eine Reihe weiterer Vorteile. Ehemals manuelle fehleranfällige Prozesse wie die Bereitstellung von Produktions- und Qualitätsdaten wie Werks- und Prüfzeugnisse lassen sich automatisiert dem Erzeugnis zuordnen. Das bedeutet eine enorme Kostenreduzierung bei gleichzeitiger Verbesserung von Qualität und Rückverfolgbarkeit.
Stahlo stellt auf der Euroblech vom 25. bis 28. Oktober in Hannover in Halle 17 an Stand B66 aus.
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