Mit einem symbolischen Knopfdruck startete Thyssenkrupp Steel im Werk Duisburg-Bruckhausen am 4. Juli einen neuen Anlagenkomplex. Dabei handelt es sich um vor allem um die neue Stranggießanlage 4 (SGA 4). Das Warmbandwerk 4 erfuhr eine Modernisierung mit zwei neuen Hubbalkenöfen. Die Brammenlogistik ist jetzt vollautomatisiert.
Thyssenkrupp Steel Europe hat nach rund zwei Jahren Bau- und Montagezeit für das Unternehmen wesentliche strategische Großinvestitionen am Standort Duisburg umgesetzt. Nach dem Start des Probebetriebs Anfang Juni fand die offizielle Inbetriebnahme der neuen bzw. umfassend modernisierten Anlagen wie der SGA 4 am 4. Juli im Beisein von Mona Neubaur sowie Sören Link statt. Sie ist die nordrhein-westfälischen Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, er ist Duisburgs Oberbürgermeister. Das Duo gab gemeinsam mit den Thyssenkrupp Steel-Vertretern Ilse Henne (Aufsichtsratsvorsitzende), Vorstandssprecher Dennis Grimm und Gesamtprojektleiter Dr. Harald Espenhahn (Head of Technology, Environment & Maintenance) den Startschuss für den Hochlauf der Anlagen, in die rund 800 Millionen Euro investiert wurden.
„Das Projekt ist damit das größte Einzelvorhaben unseres Investitionspakets im Gesamtumfang von vier Milliarden Euro und ein zentraler Baustein unserer Strategie ‚Zukunftspakt Stahl 20-30‘. Es sichert unsere Führungsrolle, modernisiert unsere Infrastruktur und erweitert unser Portfolio vor allem bei höherwertigen Stählen sowie bei Stählen für die Energiewende und die E-Mobilität“, sagte Dennis Grimm in seiner Eröffnungsrede und ergänzte: „Dass wir trotz eines sehr herausfordernden wirtschaftlichen Umfelds rund 800 Millionen Euro investieren konnten, ist ein starkes Signal für den Stahl und den Standort Duisburg. Wir machen Bruckhausen zum Zentrum unserer Warmbandkompetenz und verfügen nun wahrscheinlich über den modernsten Produktionsverbund der europäischen Stahlindustrie.“ Thyssenkrupp setze neue Maßstäbe, was Effizienz, Qualität, Flexibilität und Versorgungssicherheit angehe.
Investition in Qualität und Standort
Die Aggregate ersetzen die über 20 Jahre alte Gießwalzanlage. Damit will der Stahlhersteller die steigenden Kundenanforderungen und höchsten Materialanforderungen auch zukünftig optimal bedienen können, hieß es bei der Einweihungsfeier vor weit über 100 Gästen. Unter diesen befanden sich dabei etliche Beschäftigte von beteiligten Anlagenbauern, Baufirmen und Lieferanten sowie Medienvertreter. Nach den Worten von Dennis Grimm sei das Projekt „technisch, logistisch und menschlich ein Kraftakt“ gewesen. Täglich hätten über 1.000 Personen bei laufendem Betrieb daran gearbeitet, „und das auf einem Gelände mit 120-jähriger Unternehmensgeschichte“, so der Vorstandssprecher, der „großartige Teamleistung“ lobte.
In ihrer Rede wandte sich Mona Neubaur vor allem an die Beschäftigten. Sie versicherte ihnen: „Als Ihre Wirtschafts- und Industrieministerin und als Landesregierung werden wir uns dafür einsetzen, den Stahlstandort Duisburg durch klare politische und kontinuierliche Rahmenrichtlinien zukunftsfähig zu machen. Wir wollen, dass es hier auch weiterhin gute Arbeitsplätze gibt. Ich spreche deshalb meinen großen Dank und Respekt für die 800-Millionen-Euro-Investition aus, die eine gute Nachricht für den Standort ist.“ Hier werde, so Mona Neubaur weiter, „das entwickelt, was für die Zukunft gebraucht wird und was die ganze Welt haben will“. Als Beispiele nannte die Ministerin leichtere und dünnere Stähle für die E-Mobilität. „Das ist Ihr Verdienst als Beschäftigte“, betonte Mona Neubaur. Dann ergänzte sie, dass auch die Bundesregierungen und die Stadt Duisburg für einen Stahlstandort im Herzen Europas kämpften.
800 Millionen Euro als „starke Ansage“
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link betonte, dass in Duisburg „die beste Belegschaft Europas den besten Stahl Europas produziert“. Damit das auch in Zukunft so bleibt, braucht es ein Unternehmen, das an Stahl glaubt. In diesem Zusammenhang seien die investierten 800 Millionen Euro „eine starke Ansage“, die dafür sorge, dass sich die „motivierte, flexible und kreative Belegschaft noch mehr reinhängt und an ein gutes Morgen glaubt“.
Neben der Landes- und der Bundesregierung müsse sich laut Sören Link auch die EU „klar zum Industriestandort Europa und Deutschland bekennen, um in schwierigen Zeiten eine gute Zukunft zu haben“. Er habe das Gefühl, dass man dies erkannt habe und den Worten auch Taten folgten. „Wenn sich das Unternehmen wie bei diesen Anlagen hier committet, wenn sich die Belegschaft mitgenommen fühlt, die Mitbestimmung gelebt wird und die Politik auf allen Ebenen unterstützt, dann hat Stahl auch bei Thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg eine gute Zukunft“, so der Oberbürgermeister.
SGA 4 und weitere Aggregate für stabile Prozesse und hochwertige Kundenversorgung
Die neuen Aggregate befinden sich an der Schnittstelle zwischen Flüssigphase und Warmbanderzeugung. Sie sind damit ein Kernstück des integrierten Produktionsverbundes im Duisburger Norden. Durch die jetzt abgeschlossene Neukonfigurierung kann neben den Qualitätssteigerungen durch eine Erhöhung der Gieß- und Walzkapazitäten auch eine bessere Auslastung des vorgeschalteten Oxygenstahlwerks 1 erzielt werden, informiert Thyssenkrupp Steel. Damit werdedie Gesamtperformance des Produktionsnetzwerks an einer zentralen Stelle gesteigert, mit nachhaltig positiven Auswirkungen auch auf die Versorgungsicherheit der Kunden.
Die neue Stranggießanlage 4 (SGA 4) ersetzt den Gießteil der alten Gießwalzanlage. Sie sorgt für eine hochpräzise, flexible und effiziente Brammenproduktion. Die Anlage zeichnet sich darüber hinaus durch bessere Reinheitsgrade, eine verbesserte Formgenauigkeit und Oberflächenqualität aus.
Das dahinter geschaltete, auf rund 3 Millionen Tonnen ausgelegte und umfassend modernisierte Warmbandwerk 4 wurde mit zwei neuen Hubbalkenöfenausgestattet. Sie sollen für eine präzisere Walzgenauigkeit und vor allem für eine optimierte Oberflächenqualität sorgen. Modernste Steuerungssysteme gewährleisten engste Dickentoleranzen, optimierte Abkühlprozesse verbessern nochmals die Materialeigenschaften des Warmbands. Die in Naturkante eingesetzten Brammen können zudem in deutlich flexibleren Abmessungen produziert werden. Zudem erlaubten sie in Summe ein erweitertes Produktspektrum. Als Beispiele führt das Unternehmen hochfeste Güten sowie Dynamo- und Trafostähle an.
Die komplett neu erstellte Brammenlogistik ist das Bindeglied zwischen beiden Aggregaten. Sie sorgt in Zukunft für eine vollautomatisierte, weitgehend digitale Prozessabwicklung. Modernste Steuerungssysteme sollen die Echtzeit-Synchronisation von rund 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr erlauben. Damit wird nach Angaben von Thyssenkrupp ein maximal flexibler und effizienter Prozessfluss im neuen Anlagenverbund erreicht.
Foto: Thssenkrupp Steel Europe