Unter welchen technologischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lässt sich grüner Stahl in Zukunft herstellen? Das war die Leitfrage der Studie „Windstahl aus Norddeutschland“ (WiSaNo). Nun liegen die Ergebnisse aus der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg vor. Autoren sind die Professoren Marc Hölling und Hans Schäfers vom Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E). Sie haben analysiert, wie CO2-neutraler Stahl im Elektrolichtbogenofen effizient und zukunftsfähig mit Eisenschwamm (Direct Reduced Iron, kurz DRI) auf Wasserstoffbasis produziert werden kann. Auftraggeber ist der Stahlerzeuger ArcelorMittal, eine Förderung gab es vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Die meisten Vorteile böte „die Produktion von Eisenschwamm in Küstennähe mit Transport zu Stahlwerken im Inland“, schlussfolgern der Autoren. Die zugehörigen CO2-Vermeidungskosten in der Größenordnung von 200 € pro Tonne CO2 in Bezug auf ein integriertes Hochofenwerk lägen allerdings „deutlich über den Gewinnspannen der Stahlindustrie“, geben die beiden zu Protokoll. Von daher müsste die Politik geeignete Förder- und Steuerungsinstrumente entwickeln, um die Dekarbonisierung der Stahlindustrie zu ermöglichen. Für den Auftraggeber kommentierte Lutz Bandusch, Vice President ArcelorMittal Europe – Long Products, die Studie. Die Studienergebnisse seien „für die Transformation zu klimaneutralem Stahl in unseren Werken von hoher Bedeutung und fließen in unsere Strategie mit ein“. Damit ein Markt für grünen Stahl entstehen kann, benötigen man allerdings nicht nur öffentliche Förderung beim Bau neuer Anlagen. Es müsste sie „in der Anfangsphase auch beim Betrieb“, so Bandusch.
Studie vergleicht mehrere Konzepte
Die Forscher der HAW haben unterschiedliche Konzepte zur CO2-freien Stahlherstellung untersucht, jeweils mit einer jährlichen Produktionsmenge von einer Million Tonnen Walzstahl, um eine einfache Skalierung zu ermöglichen. Ein Vergleich zeigt die meisten Vorteile für eine flexible, wasserstoffbasierte DRI-Produktion in Küstennähe und Transport zu einem bestehenden inländischen Stahlwerksstandort. Durch die Produktion von CO2-freiem DRI wird direkt eine deutliche Reduktion der CO2-Emissionen ermöglicht. Im Folgeschritt zur klimaneutralen Produktion wäre die Umstellung auf Grünstrom (inklusive Energiespeicher) möglich, so dass der gesamte Prozess CO2-frei wird. Durch die energieintensive Direktreduktion in Küstennähe ließen sich somit die Kosten für Netzausbau und Speicher moderat halten.
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