Sachsen und Thüringen haben den Stahl-Mittelstand am 17. Mai in die sächsische Landesvertretung in Berlin eingeladen. Thema waren existenzielle Herausforderungen, vor denen die Branche steht – darunter hohe Energiepreise und globale Überkapazitäten.
Mittelständische Unternehmen produzieren Stahl ausschließlich über die stromintensive Elektrostahlroute. In Deutschland entfallen knapp 30 Prozent der Stahlproduktion auf dieses Verfahren, das eine Schlüsselrolle in der Kreislaufwirtschaft und im Klimaschutz einnimmt: Beim Elektrostahl entstehen mit dem heutigen Strommix nur ein Viertel der CO2-Emissionen, die bei der konventionellen Hochofenroute anfallen.
Allerdings stehen die Elektrostahlhersteller gegenwärtig vor existenziellen Herausforderungen, betont die Wirtschaftsvereinigung Stahl. Darunter befinden sich dem Verband zufolge hohe Energiekosten im Vergleich zum internationalen Markt, unfaire Importe aufgrund globaler Überkapazitäten und eine schwächelnde Konjunktur in Deutschland. „Die drängenden Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, erfordern entschlossenes Handeln. Es braucht insbesondere eine Lösung für wettbewerbsfähige Strompreise und ganz akut eine Wiedereinführung des Zuschusses zur Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte“, sagte Bernhard Osburg, Präsident der WV Stahl.
WV Stahl: „Elektroroute muss wettbewerbsfähig bleiben“
Bei einem Spitzengespräch auf Einladung der Ministerpräsidenten der Freistaaten Sachsen und Thüringen hat die WV Stahl ein Positionspapier vorgelegt. Dieses verstärkt die in der Januar-Resolution der Stahl-Allianz genannten Handlungsfelder. Zudem weist es auf die derzeit dringendsten politischen Maßnahmen hin, die aus Sicht der Industrie notwendig sind, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Elektroroute zu erhalten und ihre Transformation zu flankieren.
Konkret fordert der Verband Entlastungen bei den Stromkosten, insbesondere bei den seit Jahresbeginn „massiv gestiegenen“ Übertragungsnetzentgelten. Zudem müsse der Zugang zu grünem Strom durch den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien samt Infrastrukturen sichergestellt werden. Auch bedürfe es laut WV Stahl einer Anpassung der staatlichen Förderlandschaft zugunsten transformativer Investitionen. Stahlschrott, heißt es darüber hinaus, müsse in erforderlicher Qualiät ausreichend verfügbar sein.
„Die von der Branche beschriebenen Herausforderungen sind groß – ob Zugang zur Wasserstoff-Infrastruktur, hohe Strompreise oder die Verknappung bei Stahlschrott“, sagt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Die Bundesregierung sei gefordert, hier „entschlossen und schnell“ zu handeln. Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen, weist auf bereits bestehende Projekte zur CO2-Reduktion hin – und nennt als Beispiel das Stahlwerk Thüringen. „Die Unternehmen stellen sich dem harten Wettbewerb in der Branche. Um bestehen zu können, brauchen und verdienen unsere Unternehmen faire Rahmenbedingungen“, so Ramelow.
Die Unternehmen der mittelständischen Elektrostahlindustrie erzeugen mit ihren etwa 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bundesweit rund 30 Prozent der inländischen Stahlproduktion. Sachsen und Thüringen sind traditionell bedeutende Standorte der deutschen Stahlindustrie. Allein in den vier Elektrostahlwerken dieser beiden Länder sind rund 4.000 Mitarbeiter beschäftigt.