Der internationale Anlagenbauer Primetals Technologies, der weltweit tätige Stahl- und Technologiekonzern Voestalpine und Rio Tinto, einer der global größten Bergbaukonzerne, schlagen bei der Entwicklung einer Stahlproduktion mit Net-Zero-CO2-Emissionen einen neuartigen technologischen Weg ein. Mit dem offiziellen Spatenstich für Hy4Smelt erfolgte Ende September am Voestalpine-Standort Linz der Baustart für die weltweit erste industrielle Demonstrationsanlage, die eine wasserstoffbasierte Direktreduktion für ultrafeine Eisenerze und einen elektrischen Schmelzprozess verbinden kann. Die Inbetriebnahme der Demonstrationsanlage im industriellen Maßstab ist bis Ende des Kalenderjahres 2027 geplant, das Projekt endet 2030. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 170 Mio. EUR. Hy4Smelt gilt damit als Österreichs größtes Forschungsprojekt für den Klimaschutz.
Die Demonstrationsanlage Hy4Smelt verbindet wasserstoffbasierte Direktreduktion (HYFOR) für ultrafeine Eisenerze mit einem elektrischen Schmelzprozess (Smelter). Das im HYFOR-Prozess direktreduzierte Eisen (DRI) oder der hergestellte Eisenschwamm wird im Smelter eingeschmolzen und dabei die Schlacke abgetrennt. So entsteht, analog dem heutigen Hochofenprozess, hochqualitatives Roheisen für die Herstellung anspruchsvoller Stahlgüten. Die Schlacke dient als Rohstoff zur weiteren industriellen Verarbeitung.
„Als Voestalpine sind wir bereits erfolgreich auf unserem Weg zur nächsten Generation der Stahlerzeugung. Um unser langfristiges Ziel einer Stahlproduktion mit Net-Zero-CO2-Emissionen bis 2050 erreichen zu können, forschen wir gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft bereits an mehreren, neuen Verfahren und investieren in Projekte, die neue Wege in der Stahlerzeugung aufzeigen. Der heutige Baustart der weltweit einzigartigen Demonstrationsanlage Hy4Smelt bestätigt einmal mehr unsere Technologie- und Innovationsführerschaft auch im Bereich der grünen Stahlproduktion.
Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender, Voestalpine AG
Voestalpine versteht sich seit vielen Jahren als Umweltbenchmark in der Branche. Der Konzern verfolgt mit „greentec steel“ einen Stufenplan zur Transformation ihrer Stahlproduktion. Ab 2027 werden je ein grünstrombetriebener Elektrolichtbogenofen an den Standorten in Linz und Donawitz in Betrieb gehen. Bis 2029 können dadurch bis zu 30 % der CO2-Emissionen gegenüber 2019 eingespart werden. Das entspricht fast 5 % der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs. Damit ist greentec steel das größte Klimaschutzprogramm in Österreich.
Voestalpine will mit Hy4Smelt die „Branche revolutionieren“
„Mit dem heutigen Spatenstich gehen wir einen entscheidenden Schritt in Richtung CO2-neutraler Eisenerzeugung. Wir führen Technologielösungen ein, die das Potenzial haben, die gesamte Branche zu revolutionieren“, erklärt Dr. Alexander Fleischanderl, CTO und Head of Green Steel bei Primetals Technologies. „Die Stahlindustrie muss neue Wege gehen. Kohlebefeuerte Hochöfen, seit Jahrhunderten das Rückgrat der Eisenerzeugung, verursachen erhebliche und zunehmende Umweltbelastungen. Genau hier setzen HYFOR und Smelter an – mit diesen Lösungen ebnen wir den Weg für eine neue Ära in der Eisenerzeugung.“
Für die Hy4Smelt-Demonstrationsanlage im industriellen Maßstab in Linz hat Primetals Technologies zudem eine strategische Partnerschaft mit der Mitsubishi Corporation, einem integrierten Handels- und Investmentunternehmen, als Co-Investor geschlossen.
Rohstoffe und Know-how vom internationalen Bergbaukonzern Rio Tinto
Rio Tinto wird 70 % des benötigten Eisenerzes für die Hy4Smelt-Anlage bereitstellen und darüber hinaus technische Unterstützung für das Projekt leisten. Zudem engagiert sich das Unternehmen in der Weiterentwicklung und zukünftigen Kommerzialisierung der HYFOR- und Smelter-Technologien.
„Wir freuen uns, dass die Bauarbeiten für die Hy4Smelt-Demonstrationsanlage in Linz nun starten. Dieser bedeutende Meilenstein verdeutlicht die erfolgreiche Zusammenarbeit innerhalb des Konsortiums. Durch die Bereitstellung unserer Eisenerzressourcen sowie unserer technischen Expertise leisten wir einen Beitrag zur Erforschung innovativer Verfahren für eine emissionsarme Eisenproduktion. Auch wenn noch viele Erkenntnisse zu gewinnen sind, sind wir zuversichtlich, dass Wirbelschicht- und Elektroschmelztechnologien ein vielversprechendes Potenzial für die nachhaltige Weiterentwicklung der Stahlindustrie bieten“, erklärt Rafael Azevedo, General Manager, Iron Ore Sales and Marketing Atlantic bei Rio Tinto.
Erfolgreiche Weiterentwicklung bestehender Forschungsprojekte
Der HYFOR (Hydrogen-based fine-ore reduction)-Prozess ist seit 2021 als Pilotanlage in Donawitz in Betrieb. Kombiniert mit dem von Primetals Technologies neu entwickelten Smelter, kommen diese beiden Technologien erstmalig im Projekt Hy4Smelt zur industriellen Anwendung. Der für die Direktreduktion benötigte Wasserstoff der Hy4Smelt-Anlage kommt aus der weltweit am längsten laufenden PEM-Elektrolyseanlage H2FUTURE am Standort Linz. Im Rahmen des Nachfolgeprojektes H2FUTURE-Follow-Up werden gemeinsam mit dem Verbund die bisherigen Forschungsaktivitäten zur Wasserstoffproduktion hinsichtlich Reinheit, Druckerhöhung und Speicherung konsequent weiterentwickelt.
Mit Gesamtkosten von rund 170 Mio. EUR ist Hy4Smelt – bezogen auf die Investitionskosten – das in Österreich größte Forschungsprojekt für den Klimaschutz. Das europäische Leuchtturmprojekt Hy4Smelt wird von österreichischen (aws/Twin Transition und KPC/Transformation der Industrie) und europäischen (RFCS/Clean Steel Partnership und Clean Hydrogen Partnership/Hydrogen Valleys) Förderinstitutionen teilfinanziert. Wissenschaftlicher Partner ist K1-MET, eines der führenden internationalen Kompetenzzentren für metallurgische und umwelttechnische Verfahrensentwicklung.
Foto: Voestalpine