Erleichtert registrieren die Stahlverarbeiter, dass die ab dem 1. Juli geltenden EU-Schutzmaßnahmen keine Kürzung der zollfreien Importkontingente für Stahl vorsehen. Der Industrieverband Blechumformung (IBU) und die Fachvereinigung Kaltwalzwerke (FVK) hatten sich im Mai in Brüssel gegen die drohende Herabsetzung der Einfuhrquote ausgesprochen.
Ungetrübt ist die Freude dennoch nicht: Sorge bereiten den Verbänden die neuen Verschärfungen bei der Kontingentvergabe. Sie befürchten einen anhaltenden Trend zu protektionistischer Abschottung des EU-Stahlmarktes: „Wir werden wachsam sein und weiterhin die Interessen der Stahlverarbeiter vertreten“, heißt es in einem Statement zu dem Beschluss.
„EU-Kommission hat offenbar unsere Argumente gehört“
Mit den künftigen Schutzmaßnahmen erfüllt die EU-Kommission nicht die Forderung der Stahlindustrie. Diese verlangt geringere Importquoten, um Einfuhren aus Drittländern zu erschweren. Gegen eine Kürzung sprechen sich die Stahlverarbeiter aus: „Wir haben Verständnis für die schwierige Lage der EU-Stahlindustrie. Aber die von ihr behauptete Importzunahme findet nachweislich nicht statt. Die Vorgaben der Welthandelsorganisation sind nicht erfüllt“, betont FVK-Geschäftsführer Martin Kunkel. „Niedrigere Importquoten träfen nur die Stahlverarbeiter, die deutlich mehr Arbeitsplätze stellen als die Stahlindustrie. Wir freuen uns daher, dass die EU-Kommission offenbar unserer Argumentation zu fehlenden rechtlichen Voraussetzungen gefolgt ist“, so Kunkel.
Stahlverarbeiter befürchten eingeschränkte Importmöglichkeiten
Trotz der Erleichterung gibt es dem IBU zufolge Grund zur Sorge. Denn Brüssel hält die Kontingente zwar konstant, verschärft aber die Vergabe teilweise deutlich. Das gilt unter anderem für warmgewalzte Bleche, eine für die Verbandsmitglieder wichtige Warenkategorie. „Die Safeguards schränken die Importmöglichkeiten in diesem Bereich bei einzelnen Herkunftsländern – wie Türkei, Serbien oder Indien – weiter ein. Zudem findet die Kontingentvergabe nicht mehr jährlich, sondern quartalsweise statt. Das erhöht das Zollrisiko und reduziert die Planbarkeit von Einfuhren“, so IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs. Darüber hinaus führt die EU-Kommission für mehrere Warenkategorien Sonderregeln ein und – so der Verband – steigert damit den bürokratischen Aufwand der Importeure.
Für all diese Verschärfungen sehen IBU und FVK keinen Grund. Die Gefahr, der die Schutzmaßnahmen ursprünglich entgegenwirken sollten – eine Importschwemme in die EU – sei deren Angaben nach nicht aktuell. „Die Einfuhren an Walzstahl lagen 2019 um 13 Prozent niedriger als 2018. Beim Flachstahl gingen sie im ersten Quartal 2020 sogar um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück“, schreiben die Verbände in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Quelle: IBU, Foto: Shutterstock