Für die Wasserstoff-Technologie soll es weiter vorwärts gehen – nun auch auf EU-Ebene. Die Stahlindustrie, repräsentiert durch die Wirtschaftsvereinigung Stahl, begrüßt die entsprechende Initiative. Sie weist aber auch darauf hin, dass ein regulatorischer Rahmen „schnell und verbindlich“ festgelegt werden muss.
Nachdem die Bundesregierung bereits im Juni ihre Nationale Wasserstoffstrategie vorgelegt hatte, folgte Anfang Juli ein internationaler Vorschlag der Europäischen Union. Auch dessen Ziel ist die Entwicklung von erneuerbarem Wasserstoff, der hauptsächlich mithilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt wird. In einem integrierten Energiesystem soll dieser dann die Dekarboniserung von Industrie, Verkehr, Stromerzeugung und Gebäuden unterstützen.
Wasserstoff-Technologien „bis 2050 ausgereift“
Die EU-Kommission verfolgt zu diesem Zweck einen stufenweisen Ansatz. In einem ersten Schritt, von 2020 bis 2024, will sie sich um die Installation von Elektrolyseuren kümmern. Diese sollen über eine Leistung von mindestens sechs Gigawatt verfügen und die Erzeugung von bis zu einer Million Tonnen erneuerbarem Wasserstoff unterstützen. Von 2025 bis 2030 soll der Wasserstoff dann zu einem wesentlichen Bestandteil des Energiesystems werden. Die Elektrolyseleistung will die EU-Kommission in diesem Zeitraum auf 40 Gigawatt erhöhen. So soll es anschließend möglich sein, bis zu zehn Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff zu erzeugen. Bis 2050 sollen die Wasserstoff-Technologien schließlich ausgereift sein und in großem Maßstab in allen Sektoren, in denen die Dekarbonisierung schwierig ist, eingesetzt werden.
Um die Umsetzung dieser Strategie zu unterstützen, hat die EU-Kommission eine „Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff“ ins Leben gerufen. Im Rahmen dessen will sie EU-Institutionen, nationale Regierungen und Industrievertreter zusammenbringen. Ziel ist der Aufbau einer „Investitionspipeline“, um die Erzeugung des Wasserstoffs auszubauen und die Nachfrage in der EU zu fördern.
Stahlindustrie braucht wettbewerbsfähige Preise
Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl), bewertet die Initiative der EU positiv: „Mit der EU-Wasserstoffstrategie und der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung liegen nun wichtige Richtungsentscheidungen für eine Dekarbonisierung der Wirtschaft in Europa vor.“ Nun müsse es rasch gelingen, Initiativen in den Mitgliedsstaaten und der EU sinnvoll zu koordinieren, betont Kerkhoff.
Für die Stahlindustrie ist es besonders wichtig, dass bezahlbarer Wasserstoff möglichst zeitnah im industriellen Maßstab zur Verfügung steht. „Für eine umfangreiche CO2-Minderung in der Stahlproduktion ist der Wasserstoff-Einsatz ohne Alternative“, so Kerkhoff. Ein schneller Markthochlauf wird ihm zufolge nur dann gelingen, wenn technologieoffen erzeugter Wasserstoff zu international wettbewerbsfähigen Preisen erhältlich ist.
Die Verwendung von Wasserstoff bei der Stahlproduktion verspricht einen herausragenden Hebel, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Darüber hinaus erlaubt es die Technologie – so erklärt es Kerkhoff – klimafreundliche Produkte entlang der stahlbasierten Wertschöpfungskette zu erzeugen. „Daher ist die Verwendung von Wasserstoff in der Stahlindustrie mit Blick auf den Klimaschutz besonders sinnvoll, um große CO2-Minderungen zu erreichen“, so der Verbandspräsident weiter.
In den Augen der WV Stahl wird es in den kommenden Monaten entscheidend sein, einen regulatorischen Rahmen für die Wasserstoffwirtschaft „schnell und verbindlich“ auf den Weg zu bringen. Dazu gehöre auch, dass nationale Initiativen nicht am EU-Beihilferecht scheitern. „Die Stahlindustrie sieht es als zentrale Aufgabe der deutschen Ratspräsidentschaft an, die Wasserstoff-Strategie zu finalisieren und mögliche regulatorische Hindernisse aus dem Weg zu räumen“, sagt Kerkhoff.
Auch das hat sich die EU-Kommission auf die Agenda geschrieben. So will sie etwa „politische und regulatorische Maßnahmen vorschlagen, um Sicherheit für Investoren zu schaffen“. Zudem soll dadurch der Einsatz von Wasserstoff erleichtert und die erforderliche Infrastruktur und Logistik gefördert werden. Der Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ sieht darüber hinaus vor, Investitionen zu fördern. 750 Milliarden Euro sollen dafür zur Verfügung gestellt werden. Ein abschließender Konsens zwischen den Mitgliedstaaten ist derzeit allerdings noch nicht gefunden.
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