Der Gashandelskonzern VNG und Salzgitter wollen gemeinsam den Einsatz von klimaneutralem Wasserstoff und Biomethan (grüne Gase) für die Stahlherstellung prüfen. Die Unternehmen haben dazu bereits eine Absichtserklärung unterzeichnet.
Die Vision der Partner ist es, das integrierte Hüttenwerk von Salzgitter Flachstahl mit sogenanntem „türkisem“ Wasserstoff über eine Pipeline zu versorgen. In einem ersten Schritt wurde zunächst die Wirtschaftlichkeit mittels einer Machbarkeitsstudie bewertet. Dies erfolgte gemeinsam mit der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG sowie dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Im Fokus stand dabei der mögliche Einsatz des Pyrolyseverfahrens für die Wasserstofferzeugung.
Versorgung mit grünen Gasen „technisch und wirtschaftlich“ möglich
„Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass auf Basis der untersuchten Szenarien die Gestehungskosten des Wasserstoffs aus dem Pyrolyseverfahren gegenüber der Elektrolyse wettbewerbsfähig sein können und das Verfahren hilfreich bei der emissionsarmen Wasserstoffbereitstellung sein kann“, sagt Prof. Mario Ragwitz, Leiter des Fraunhofer IEG. Voraussetzung sei jedoch, dass die technologischen Herausforderungen der Pyrolyse zeitnah gelöst werden. Auch müsse es gelingen, gute Verwendungsmöglichkeiten für den anfallenden Kohlenstoff zu finden und die Methan-Emissionen entlang der Prozesskette zu begrenzen.
Auch Cornelia Müller-Pagel, die bei VNG den Bereich „Grüne Gase“ leitet, zieht ein positives Fazit aus der Untersuchung. Diese hätte gezeigt, dass die Versorgung des Standortes Salzgitter mit grünen Gasen trotz des zu erwartenden hohen Bedars an Wasserstoff technisch und wirtschaftlich möglich ist. „Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit brauchen wir beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft jedoch kurz- und mittelfristig eine noch stärkere Technologieoffenheit, auch bei der Förderpolitik. Neben grünem Wasserstoff sollte künftig auch blauer und türkiser Wasserstoff eine gleichberechtigte Rolle spielen“, so Müller-Pagel. Sie plädiert für ein EU-weites Monitoring- und Zertifizierungssystem, um die unterschiedlichen Herstellungsmethoden von Wasserstoff künftig besser vergleichen zu können.
Schrittweise Transformation der konventionellen Stahlerzeugung
Die Umstellung auf eine dekarbonisierte Stahlerzeugung gilt als große Herausforderung. Viele Unternehmen fordern eine staatliche Unterstützung, um dem internationalen Wettbewerbsdruck und den enormen Kosten standhalten zu können. So setzt sich auch die Salzgitter AG für eine schrittweise Transformation der konventionellen Stahlerzeugungsroute ein. „Kurzfristig könnten durch den Einsatz von Erdgas in einem neu zu bauenden Direktreduktionsaggregat bereits CO2-Einsparungen von über 60 Prozent im Vergleich zur konventionellen Route erzielt werden“, sagt Dr. Alexander Redenius von Salzgitter. „Mittels einer schrittweisen Wasserstoffbeimischung bis zu 100 Prozent kann der Stahl nahezu CO2-neutral hergestellt werden. Das könnte Hand-in-Hand mit dem Aufbau von Erzeugungskapazitäten für grünen und türkisen Wasserstoff geschehen.“
Die Partner wollen nun in einem Nachfolgeprojekt weitere mögliche Schritte definieren und so die Grundlage für die Umsetzung der Projektidee schaffen.