Im Kurzinterview erläutert Philipp Mayer, Geschäftsführer von codestryke aus München, wie Unternehmen den Digitalisierungspfad erfolgreich beschreiten können und wie es um die Sicherheit in der „Cloud“ bestellt ist.
Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 11/20 von stahl + eisen und ergänzt den Fachbeitrag über Produktionsdaten auf dem Smartphone. Sie wollen alle Fachtexte in voller Länge lesen? Schließen Sie doch ein Abonnement ab.
stahl + eisen: Was sollten Unternehmen auf dem Weg in die Industrie 4.0 beachten?
Mayer: Man braucht eine klare Vision, wohin die Reise führen soll, aber auch die nötige Geduld. Die Digitalisierung einzelner Maschinen ist sicher ein guter Einstieg, aber eben nur der Anfang. Der nächste Schritt ist dann ein digitaler Workflow in der Produktion, das große Ziel eine durchgängig digitale Kette von der Produktion bis zum Kunden. Das schafft kein Unternehmen auf einmal.
stahl + eisen: Wie sollten Unternehmen vorgehen?
Mayer: Digitalisierung ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern des Mind Sets. Man sollte also schrittweise vorgehen, Dinge auch einmal ausprobieren. Vieles ergibt sich, auch neue Use Cases und Geschäftsmodelle, mit denen sich Wertschöpfung generieren lässt. Wir erleben in unseren Workshops zu Geschäftsmodellen immer wieder, dass die Digitalisierung auch kreative Potenziale freisetzt.
stahl + eisen: Wie sicher sind meine Daten in der Cloud?
Mayer: Die Siemens MindSphere, die auch der ExOne Scout nutzt, gilt beim Schutz sensibler Daten und einer sicheren Nutzerverwaltung als Gold-Standard und ist definitiv sicherer als ein physischer Server auf dem Firmengelände. Man sollte die IoT-Plattformen ohnehin nicht einfach als externen Datenspeicher in der Cloud sehen, sondern als intelligente Plattform mit Services, über die ich Daten gezielt für alle verfügbar machen kann, die ein berechtigtes Interesse daran haben – und eben nur für die. Dazu gehören Maschinenführer, die ihre Anlagen jederzeit und von jedem Ort überwachen wollen, ebenso wie Produktionsplaner, um die Auslastung optimieren zu können. Aber auch Hersteller, die ihre Wartungs- und Serviceintervalle optimieren wollen, gehören dazu. Natürlich kann ich hier auch sichere Schnittstellen zum MES, ERP oder CRM-System abbilden.
stahl + eisen: Was macht ein erfolgreiches IoT-Projekt aus?
Mayer: Betrachtet man IoT-Projekte für den Maschinen- und Anlagenbau und vergleicht den kommerziellen Erfolg, dann hat es sich in der Praxis bewährt, bereits am Anfang an einer klaren Zielvorstellung zu arbeiten. In der Regel geht es bei den Zielvorstellungen um die konkreten Outcomes, beispielsweise durch die Einführung neuer Geschäftsmodelle, von Mehrwertservices oder die Steigerung der Maschinenperformance. Die besten Konzepte kommen in crossfunktionaler Zusammenarbeit zustande. Also dann, wenn sich Entwicklung, Vertrieb und Geschäftsführung zusammen mit Kunden und Technologie-Unternehmen an einen Tisch setzen und die Möglichkeiten gemeinsam identifizieren und evaluieren.
stahl + eisen: Welche Geschäftsmodelle sind im Anlagen- und Maschinenbau besonders relevant?
Mayer: Das ist natürlich von Branche zu Branche unterschiedlich. In den letzten Jahren finden jedoch besonders zwei Geschäftsmodelle zunehmend Anwendung. Das wohl bekannteste und aus Business-Perspektive gleichzeitig komplexeste IoT-Geschäftsmodell ist Equipment-as-a-Service. Hierbei wird industrielles Equipment, wie beispielsweise eine Maschine, nicht mehr zum Fixpreis verkauft, sondern im Servicemodell „vermietet“. Ein Beispiel hierfür ist unser Kunde Stahlwille, der seine intelligenten Drehmomentschlüssel an bestimmte Abnehmer im Servicemodell verkauft. Gebündelt mit Features, wie einer dokumentierten Verschraubung und einem automatischen Kalibrierservice, profitieren hier vor allem Branchen, bei denen sicherheitsrelevante Verschraubungen durchgeführt werden müssen.
stahl + eisen: Haben Sie noch ein zweites Beispiel für ein IoT-Geschäftsmodell?
Mayer: Ja, das sogenannte Direct Selling. Dabei bestellen Maschinen autonom und ohne Intermediäre Ersatzteile, Wartungsleistungen und Verbrauchsmaterial. Gestützt wird das Geschäftsmodell von IoT-Daten, um beispielsweise den Verbrauch zu ermitteln oder die nächste fällige Wartung vorherzusagen. Der Maschinenbauer hat so die Möglichkeit, After Sales-Umsätze zu steigern und dem Betreiber der Maschine gleichzeitig ein optimales Serviceerlebnis anzubieten. Dadurch werden beispielsweise Stillstände und manuelle Aufwände reduziert
stahl + eisen: Vielen Dank, Herr Mayer.