Unter anderem setzt der Werkstoffhändler dort auf umfassend automatisierte Prozesse, um den Materialfluss zu optimieren. Die Dimensionen sind beeindruckend.
Rund 60 Millionen Euro hat Thyssenkrupp Materials Services in den neuen Logistikstandort investiert. Nach Angaben des Unternehmens handelt es sich damit um „eines der größten Projekte der letzten Jahrzehnte“. Das Lagerlayout sei dabei vollkommen neu konzipiert worden. Die gesamte Prozesskette verfüge nun über einen hohen Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad, der sowohl die Produktivität des Betriebs erhöhe als auch mehr und individuellere Serviceleistungen biete. Das Konzept, so Thyssenkrupp Materials Services, soll künftig als Vorlage für weitere Standorte dienen.
Bessere, bedarfsnähere Abwicklung der Aufträge
Der grundlegende Ansatz des neuen Konzepts: Das Layout des Standortes ist am optimalen Materialfluss ausgerichtet und muss nicht mehr die ideale Beladereihenfolge der Lkw berücksichtigen. Fahrerlose Transportsysteme bringen die bereitgestellte Ware dabei direkt zum Fahrzeug, das in ebenerdigen Buchten beladen wird. Thyssenkrupp Materials Services zufolge entfällt damit das bisher übliche, zeitaufwändige Abfahren der einzelnen Ladepunkte in der Halle. „Dies ermöglicht uns jetzt nicht nur eine bessere, bedarfsnähere Abwicklung der Aufträge, sondern sorgt gleichzeitig für effizientere Prozesse, verkürzte Standzeiten und letztendlich mehr Produktivität bei erhöhter Sicherheit für die Mitarbeitenden“, erklärt Dr. Tobias Hegmanns, Chief Operating Officer Thyssenkrupp Schulte. Zudem biete das neue Logistik-Zentrum sowohl ein breiteres Materialangebot als auch ein umfangreicheres Anarbeitungsportfolio. So realisiere die Einrichtung künftig Dienstleistungen von Zuschnitten über sägen bis hin zu folieren.
Digitale und papierlose Abwicklung
Ferner betont Thyssenkrupp Materials Services, den Standort entlang der gesamten Supply Chain digital integriert und vernetzt zu haben. Die Abwicklung der Aufträge erfolge digital und papierlos und könne somit ideal geplant und verfolgt werden. Die selbstentwickelte IIoT-Plattform „toii“ sei dabei das Herzstück der digitalen Prozesse am Standort: Sie sorge durch Vernetzung der Anlagen für einen unmittelbaren Datenaustausch der Anlagen ohne händische Zwischenschritte – und steuere den Materialfluss effizienter und bedarfsgerechter. Zudem erhöhe die Automatisierung die Datenauslastung, indem sie die modernen Anarbeitungsstationen aufeinander abstimme.
Die Data Analytics Plattform „alfred“ indes soll gewährleisten, dass Lieferströme fortlaufend optimal koordiniert werden. Nach Angaben der Thyssenkrupp-Entwickler funktioniert das System auf Grundlage intelligenter, selbstlernender Algorithmen. So analysiere alfred permanent die Prozesse von der Anlieferung, über das Bestandsmanagement bis hin zur Auftragseinlagerung und -auslieferung.
Thyssenkrupp Materials Services: Nachhaltigkeit im Fokus
Bei den Planungen für den neuen Standort spielte auch die Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle, heißt es vonseiten Thyssenkrupp Materials Service. Das gelte sowohl für den Bau als auch für das Lieferkettenmanagement. Vor diesem Hintergrund will das Unternehmen in den kommenden Monaten eine Photovoltaikanlage installieren. Im ersten Schritt ist das Ziel, Strom für das Logistik-Zentrum zu erzeugen. In weiteren Ausbaustufen will der Werkstoffhändler jedoch auch den Strom für weitere Standorte auf diesem Weg erzeugen.
Auf dem Gelände befindet sich darüber hinaus eine eigene Bahntrasse, über die Thyssenkrupp Materials Services nach eigenen Informationen künftig dreimal wöchentlich Materialien per Schiene erhält. Die Auftragserfassung und -Abwicklung erfolge weitestgehend papierlos. Zudem ermögliche das neue Logistikkonzept eine bessere Planbarkeit der Routen, vermindere Standzeiten und erhöhe die Auslastung der Lkw. Welches Potenzial das Konzept aus Rotenburg für Materials Services haben kann, wird an einer Zahl deutlich: Das Unternehmen schickt aktuell täglich allein in Deutschland 500 Lkw auf die Straßen. Das erklärte Ziel: Durch eine effizientere und bedarfsgerechtere Planung die Anzahl weiter verringern.
Das niedersächsische Logistik-Zentrum ist Teil der Materials Services Tochter Thyssenkrupp Schulte. Es wurde nach rund einem Jahr Bauzeit fertiggestellt und umfasst 36.000 Quadratmeter Hallenfläche, auf den rund 20.000 Tonnen an Materialien lagern können. Nach erfolgreichem Hochlauf sollen am Standort rund 70 Arbeitsplätze im 3-Schicht-Betrieb entstehen.