Sand ist weltweit der zweitmeist gehandelte Rohstoff nach Wasser. Ein Großteil der potenziellen Gewinnungsgebiete konkurriert jedoch mit Schutzgebieten sowie Siedlungs- und landwirtschaftlichen Flächen. Im Einzugsgebiet der Roheisenerzeugung wäre der Einsatz von Hüttensand, im ungemahlenen Zustand, eine überlegenswerte Alternative zur Verwendung natürlicher, feiner Gesteinskörnungen. Ob bzw. wie sich die in Österreich vorhandenen Hüttensande für die Betonproduktion unter den national vorhandenen Regelungen bzw. normativen Vorgaben eignen, war Thema eines umfangreichen Forschungsvorhabens.
Für die Bauindustrie bzw. spezifischer für die Betonindustrie ist der Werkstoff Sand essentiell. Die positive Entwicklung der Baubranche führt einerseits zu einem erhöhten Bedarf, und andererseits teilweise zu einer Verknappung an Rohstoffen für die Betonherstellung. Da generell der Bedarf an Sand schneller steigt als passende Sandressourcen gefunden werden, wird Sand stattdessen aus groben Gesteinskörnungen (Kies) hergestellt oder über weitere Strecken transportiert [1]. Ein Großteil der potenziellen Gewinnungsgebiete konkurriert jedoch mit Schutzgebieten, Siedlungs- und landwirtschaftlichen Flächen. Abbaugenehmigungsverfahren zur vorsorgenden Rohstoffsicherung werden komplexer, dauern länger und werden nicht immer positiv abgeschlossen [2]. Es wäre daher sinnvoll alternative Quellen zu nützen, vor allem wenn diese regional verfügbar sind, um den ökologischen Einfluss (zum Beispiel aufgrund von Transporten) zu verringern.
Forschungsprojekt: Hüttensand als Alternative
Im Einzugsgebiet der Roheisenerzeugung wäre der Einsatz von Hüttensand, im ungemahlenen Zustand, eine überlegenswerte Alternative zur Verwendung natürlicher, feiner Gesteinskörnungen (Sande). Die Verwendung von ungemahlenem Hüttensand für die Betonherstellung wurde in der Vergangenheit in einigen Literaturstudien als geeignet angesehen [3, 4, 5, 6, 7, 8]. Zur Klärung offener Fragestellungen wurde seitens der Smart Minerals GmbH ein umfangreiches Forschungsvorhaben initiiert [9]. Ziel war die grundlegende Beurteilung der Eignung der in Österreich vorhandenen Hüttensande für die Betonproduktion unter den national vorhandenen Regelungen bzw. normativen Vorgaben.
Zur Erreichung der seitens des Bauherrn bzw. der verarbeitenden Industrie gestellten Vorgaben wie Verarbeitbarkeit des Frischbetons, Festigkeit des erhärteten Betons und Dauerhaftigkeit des errichteten Bauwerks bestehen umfangreiche nationale als auch europäische Regelwerke mit Vorgaben für die Verwendung der Betonausgangsstoffe. Beispielsweise sind die Anforderungen an die Gesteinskörnungen für Beton in der ÖNORM EN 12620 [10] festgelegt. Dies bedeutet, dass einerseits die Hüttensande, wenn diese als Gesteinskörnung eingesetzt werden, die Anforderungen an die Regelungen für den Ausgangsstoff einhalten müssen und andererseits der mit diesen Hüttensanden hergestellte Beton allen regulativen Vorgaben des Werkstoffes Beton entsprechen muss.
Je zwei frische und Alt-Hüttensande im Vergleich
Zur Beurteilung der Eignung wurden frische Hüttensande aus zwei unterschiedlichen Produktionsanlagen herangezogen. Da aus Gründen der Ressourcenschonung auch die Verwertung von bereits deponierten d.h. abgelagerten Materialien von Interesse ist, wurden auch Alt-Hüttensande beider Standorte in das Untersuchungsprogramm aufgenommen. Die Hüttensande wurden bezüglich ihrer physikalischen und technischen Eigenschaften gemäß den zugrundeliegenden Regelwerken für die Verwendung von Gesteinskörnungen geprüft und den vorgegebenen Anforderungen gegenübergestellt. Auf Basis der Gesteinskörnungsuntersuchungen erfolgte eine Evaluierung der Auswirkungen auf die Betonqualität beim teilweisen Ersatz der feinen Gesteinskörnung durch den ungemahlenen Hüttensand. Üblicherweise erfolgt in Österreich, wie auch in anderen europäischen Ländern, die Betonherstellung anhand eines deskriptiven Konzepts.
Dies bedeutet, dass historisch bzw. empirisch festgelegte, auf die Umwelteinwirkungen national abgestimmte, Kriterien einzuhalten sind. Berücksichtigung finden in diesem Konzept, neben dem Einfluss klimatischer Randbedingungen, auch produktionstechnische Schwankungen wie z.B. Dosiergenauigkeiten und Vorhaltemaße bei einzelnen Kennwerten [11].
Für eine positive Beurteilung der Verwendbarkeit der Hüttensande als teilweisen Ersatz der feinen Gesteinskörnungen wurden nachstehende Untersuchungsschwerpunkte definiert:
- Frischbetoneigenschaften der hergestellten Betone
- Festbetoneigenschaften der hergestellten Betone
- definierte Dauerhaftigkeitsparameter der hergestellten Betone
Zur Beurteilung des Einsatzes von ungemahlenem Hüttensand als Gesteinskörnungsersatz unter baupraktischen Realbedingungen konnten Großversuche in einem österreichischen Fertigteilwerk durchgeführt werden.
Vorgehen und Kernergebnis
Die Dauerhaftigkeit von Betonbauwerken ist eine wesentliche Forderung von Bauherrn bzw. Infrastrukturbetreibern. Die hergestellten Bauwerke sollen eine möglichst lange Nutzungsdauer ohne zeit- und kostenintensive Instandsetzungsmaßnahmen aufweisen. Demgemäß ist der Nachweis der Gleichwertigkeit bezüglich Dauerhaftigkeitseigenschaften für den Einsatz alternativer Betonzusammensetzungen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Um die gewünschte Dauerhaftigkeit zu beurteilen, wurden u.a. nachstehende Verfahren herangezogen:
- gleichwertige Beständigkeit für die Frostklasse XF4
- Chloridwiderstand – einseitig gerichtete Diffusion
- Karbonatisierungswiderstand – beschleunigtes Karbonatisierungsverfahren
- Alkali-Kieselsäure-Reaktivität
Bei allen Prüfungen zur Beurteilung der Gleichwertigkeit hinsichtlich der Dauerhaftigkeit der Betone, hergestellt durch teilweisen Ersatz der feinen Gesteinskörnung mit ungemahlenem Hüttensand, konnte ein positiver Nachweis erbracht werden. Es waren keinerlei negative Auswirkungen festzustellen. Im Gegenteil: Bei einigen Dauerhaftigkeitskennwerten konnte eine Eigenschaftsverbesserung, unter sonst gleichen Rahmenbedingungen, erzielt werden.
Zur Beurteilung des Ersatzes von Teilen der Gesteinskörnungen (Ersatzrate 10 % und 15 % der Gesamtgesteinskörnung) durch ungemahlenen Hüttensand wurden insgesamt fünf Betonsorten mit jeweils fünf Mischungsverhältnissen untersucht. Zur Erreichung der größtmöglichen Praxisnähe wurden die Betonzusammensetzungen in Anlehnung an Rezepturen eines Fertigteilherstellers bzw. von Transportbetonherstellern erstellt. In der Tabelle sind die verwendeten Betonsorten zusammengefasst.
Tab. 1: Untersuchte Betonsorten
Über die üblichen Schwankungen der Frischbetonkennwerte hinausgehende Abweichungen durch den teilweisen Ersatz der feinen Gesteinskörnung sind geringfügig vorhanden. Eine negative Beeinflussung der Verarbeitbarkeit durch den teilweisen Ersatz der feinen Gesteinskörnung durch ungemahlenen Hüttensand ist jedenfalls nicht feststellbar.
Bessere Werte bei der Wintersimulation
Eine für die Baupraxis wesentliche Eigenschaft ist, neben der erzielten Druckfestigkeit, der Verlauf der Festigkeiten, d.h. die Festigkeitsentwicklung. Diese ist beispielsweise für die Festlegung der Ausschalzeit von großer Relevanz. In der Abbildung sind exemplarisch die Festigkeitsentwicklungen, für beide Lagerungsarten und eine Betonzusammensetzung (Sommerlagerung: 20 °C; Winterlagerung: 10 °C) dargestellt.
Abb. 1: Festigkeitsverlauf Beton 2
Abhängig von der Betonsorte (Einfluss Zementgehalt, Zementart und W/B-Wert) sind, bei Verwendung von ungemahlenem Hüttensand als teilweisen Ersatz der feinen Gesteinskörnung, partiell geringfügige Festigkeitsreduktionen feststellbar. Diese sind jedoch nahezu ausschließlich bei der Simulation der Sommerbedingungen (Lagerungstemperatur 20 °C) feststellbar. Bei einer Lagerungstemperatur von 10 °C (Wintersimulation) liefern Betone durch die Beigabe von ungemahlenem Hüttensand höhere Festigkeiten als die Referenzbetone mit ausschließlich natürlicher Gesteinskörnung. Daraus ableitbar ist ein positiver Effekt des ungemahlenen Hüttensandes auf die Festigkeitsentwicklung bei niedrigeren Temperaturen.
Bei der Beurteilung des E-Moduls ist ähnliches zu konstatieren. Auch hier sind, abhängig von der Betonsorte, geringfügige Schwankungen (sowohl Erhöhungen als auch Reduktionen) der E-Modulentwicklung feststellbar. Bei einer Lagerungstemperatur von 10 °C (Wintersimulation) liefern Betone mit Beigabe von ungemahlenem Hüttensand höhere E-Moduli als die Referenzbetone mit ausschließlich natürlicher Gesteinskörnung.
Aus diesen Untersuchungen ableitbar ist ein positiver Effekt des ungemahlenen Hüttensandes bei niedrigeren Temperaturen (ungemahlener Hüttensand weist nicht nur die Eigenschaft eines inerten Füllers auf). Die Konstruktion von Bauwerken hat demnach keinen anderen Regeln zu folgen – Betone mit ungemahlenem Hüttensand als teilweisen Ersatz der feinen Gesteinskörnung sind statisch gleichwertig zu jenen mit ausschließlich natürlichen Gesteinskörnungen.
Fazit
Die angestrebten Ziele des Forschungsvorhabens konnten vollumfänglich erreicht werden. Die Möglichkeit des Ersatzes natürlicher Gesteinskörnungen der Fraktion < 4 mm durch ungemahlenen Hüttensand ist gemäß den vorliegenden Ergebnissen gegeben. Seine Eigenschaften erfüllen die grundlegenden Anforderungen an die Verwendung von Gesteinskörnungen für die Herstellung von Beton und über einen positiven Einfluss insbesondere auf die Dauerhaftigkeitskennwerte aus.
Autoren:
Stefan Krispel, Helga Zeitlhofer, Martin Peyerl, Smart Minerals GmbH
Literatur
[1] Schütz, S.: Sandgewinnung durch semistationäre Aufbereitungsanlagen. BFT International 06-2020.
[2] Janssen, S.: Konsequenzen aus der Sicht der Gesteinskörnungsindustrie. Beton 9/2019.
[3] Ramesh, S.T.; Gandhimathi, R.; Nidheesh, P.V.; Rajakumar, S.; Prateepkumar, S.: Use of furnace slag and welding slag as replacement for sand in concrete. International Journal of Energy and Environmental Engineering. 2013.
[4] Nadeem, M.; Pofale, A.D.: Replacement of natural fine Aggregate with granular slag – A waste industrial by-product in cement mortar applications as an alternative construction material. International Journal of Engineering Research and Applications. 2012.
[5] Rao, M.S.; Bhandare, U.: Application of blast furnace slag sand in cement concrete – A case study. International Journal of Civil Engineering Research. 2014.
[6] Yüksel, I.; Demirtaş, O.: Effect of NGBFS and CBA as fine aggregate on the chloride permeability of concrete. American Journal of Engineering Research. 2013.
[7] Kumar, P.R.; Kumar, P.: Use of blast furnace slag as an alternative of natural sand in mortar and concrete. International Journal of Innovative Research in Science. 2015.
[8] Kurz, C.; Bilgeri, P.: Untersuchungen zum Einsatz von Hüttensand als Zuschlag für Beton. Beton-Informationen. 1997.
[9] FFG Abschlussbericht „SlagCrete – Erforschung der Einsatzmöglichkeiten granulierter Hochofenschlacke als Ersatz der feinen Gesteinskörnung im Beton“, Projektnummer 874546. 2020
[10] ÖNORM EN 12620 „Gesteinskörnungen für Beton“. Österreichisches Normungsinstitut, Wien, 2014.
[11] ÖNORM B 4710 Teil 1 „Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung, Verwendung und Konformität; Regeln zur Umsetzung der ÖNORM EN 206 für Normal- und Schwerbeton“. Österreichisches Normungsinstitut, Wien, 2018.
Foto: Blast furnace chip worker, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons