Nur einen Mausklick entfernt soll eine fehlerfreie wie wirtschaftlich beste Lösung für eine Blechteilkonstruktion sein, wenn es nach Optimate geht. Dafür vereint das Start-up Machine-Learning-Modelle und Hochtechnologie-Algorithmen mit intelligentem Feature Engineering. Das soll in Sekundenschnelle das Optimierungspotenzial anzeigen und eine Fehleranalyse abgeben.
Optimate hat die „Erfahrung“ tausender 3D-CAD-Modelle
Für die Teileoptimierung in der Blechkonstruktion braucht es traditionell vor allem eins: jahrelange Erfahrung, um sowohl Fehler als auch Optimierungspotenzial einer Konstruktion zu erkennen. „Und wenn der Experte in den Ruhestand geht, nimmt er das ganze Wissen mit“, beschreibt Martina Trinczek ein Dilemma der Blechfertigung – das für sie und Jonas Steiling zur Gründungsidee wurde. Seit Sommer 2020 sind sie zusammen Geschäftsführer des Start-ups Optimate. Es beschleunigt auf seiner Online-Plattform die Konstruktion einfacher Blechteile mithilfe von Maschinellem Lernen und einzigartiger Algorithmik. Die dafür genutzte „Erfahrung“ sind Tausende von 3D-CAD-Daten, die in drei Kategorien „hoch optimierbar“, „optimierbar“ und „nicht optimierbar“ eingruppiert und mit herkömmlichen Konstruktionsregeln sowie intern entwickeltem Feature Engineering analysiert wurden.
Die Anwender laden dabei auf der Plattform ihre CAD-Datei hoch, wählen das Material, aus dem das Teil gefertigt werden soll, und aktivieren den Repariermodus. Auf einen Klick bekommen sie umgehend das Optimierungspotenzial sowie Fehler und Warnungen angezeigt. Unter Warnungen werden optische Beeinflussungen des Bauteils abgebildet, wie etwa zu nah an der Biegezone liegende Ausschnitte. Fehler hingegen weisen den Anwender auf gängige Probleme in der Konstruktion hin, beispielsweise eine unterschrittene Mindest-Schenkellänge, sich kreuzende Biegungen oder nicht abwickelbare Bauteile.
Mit dem Repariermodus bietet Optimate bereits für einige Features eine automatisierte Korrektur des Bauteils mit anschließendem Download der CAD-Datei an. Ziel ist, dem Anwender eine vollautomatisierte Lösung anzubieten, die Materialverschnitt reduziert und kostspielige Fertigungsschritte, wie etwa den Schweißprozess, ersetzt.
Drei Modelle je nach Unternehmensgröße
Derzeit umfasst das Angebot von Optimate drei Stufen: Mit „Starter“ können etwa kleinere Unternehmen bis zu 50 Teile im Monat auf Konstruktionsfehler und ihr Optimierungspotenzial untersuchen; bis zu 200 Teile können mittelgroße Unternehmen mit „Advanced“ untersuchen, zudem gibt es einen Reparaturmodus und eine Historie der Potenzialerkennungen; das Angebot „Enterprise“ richtet sich an große Unternehmen, insbesondere Lohnfertiger mit eigenem Webshop und Online-Marktplätze. Hier stehen zusätzlich eine API-Schnittstelle, der Export der 3D-Daten sowie eine Customizing-Option zur Wahl.
„Unsere Vision ist eine Teileoptimierung, die maximal zuverlässig und absolut effizient arbeitet“, sagt Jonas Steiling. „Damit können unsere Kunden nachhaltiger konstruieren, Kosten senken und effizienter fertigen.“ Ein weiterer Schritt in diese Richtung feiert auf der Blechexpo Weltpremiere: Das Gründerteam stellt seinen innovativen Optimierungsalgorithmus vor, der bei Bauteilen ohne regelbasierte Konstruktionsfehler (Warnungen und Fehler) und mit dennoch hohem Optimierungspotenzial zum Einsatz kommt. Mit diesem Algorithmus setzt Optimate einen weiteren Meilenstein in der KI-basierten Automatisierungstechnologie und ermöglicht die vollautomatisierte Optimierung von Blecheinzelteilen.
Von der Idee zur Unternehmensgründung
Bauteile mit Konstruktionsfehlern gelten vielfach als der Alptraum der Fertigung. Sie machen den Zeitplan für Neuentwicklungen zu Makulatur und treiben mit oft aufwendiger Fehlersuche die Kosten in die Höhe. Die Komplexität der Produktentwicklung nimmt jedoch stetig zu und die Zeitspannen von der ersten Idee bis zur Markteinführung werden immer kürzer. Zudem steigt der Druck, in kürzester Zeit die kostengünstigste Lösung zu finden.
Jonas Steiling hat das alles in der Teileberatung von Trumpf erlebt. Der Maschinenbauer weiß auch, dass sich nicht jedes Unternehmen diesen Beratungsservice leisten kann. Seine Vorstellung: Für Bauteile mit überschaubarer Komplexität muss es eine automatisierte Lösung geben, die nicht nur Konstruktionsfehler erkennt, sondern auch ihr Optimierungspotenzial benennt. Damit ging er ins „Internehmertum-Programm“ von seines Arbeitgebers, um aus der Idee ein Geschäftsmodell zu machen. Im Bootcamp traf er auf die Betriebswirtin Martina Trinczek. Mit Max Hesselbarth kam die Software-Expertise ins Team. Gemeinsam entwickelten sie ein Geschäftsmodell, das die Experten von TRUMPF überzeugte. Im Sommer 2020 brachten sie es als Gründer unter dem Namen Optimate auf den Markt; seither entwickeln sie es stetig weiter. „Im Idealfall ergänzen sich unser digitaler Service und die individuelle Beratung“, sagt Trinczek.
Auf der Blechexpo 2021 stellen die Gründer (v.l.n.r.: Max Hesselbarth, Martina Trinczek, Jonas Steiling) am Stand des Hochtechnologieunternehmens Trumpf erstmals ihre Entwicklung der Öffentlichkeit vor.
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