Um den menschlichen Einfluss auf das Klima zu reduzieren, hat die Europäische Union das Maßnahmenpaket „Fit for 55“ eingeführt. Die Inhalte werden den Geschäftsbetrieb in einer Vielzahl von Branchen auf verschiedene Weise beeinflussen. Ein zentrales Vorhaben im „Fit for 55“-Paket ist die Neuordnung des europäischen Emissionshandels. Das Vorhaben dient dem Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. Basiswert ist der Ausstoß im Jahr 1990.
Der Beitrag stammt aus Heft 10/21 von stahl + eisen. Verfasst wurde er von Sophia Matzner, Leiterin des Kompetenzteams für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Höppner Management & Consultant GmbH. Einzelhefte und Abonnements können Sie hier bestellen.
Viele Experten halten den Klimawandel und die globale Erwärmung für eine der größten Bedrohungen unserer Zukunft. Um diese Entwicklung zu verlangsamen und menschengemachte Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren, sollen vielfältige Maßnahmen ergriffen werden. Eine davon ist das „Fit for 55“-Paket, das die Europäische Kommission kürzlich verabschiedet hat. Die Vorschläge des Maßnahmenpakets sollen das erforderliche Tempo bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen in den nächsten zehn Jahren möglich machen. Im Fokus stehen der Emissionshandel für neue Sektoren und strengere Auflagen im Rahmen des bestehenden Emissionshandelssystems der EU, verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien, mehr Energieeffizienz, schnellere Einführung emissionsarmer Verkehrsträger und der entsprechenden Infrastruktur und Kraftstoffe, die Angleichung der Steuerpolitik an die Ziele des europäischen Grünen Deals. Daneben gibt es Maßnahmen zur Prävention der Verlagerung von CO2-Emissionen und Instrumente zur Erhaltung und Vergrößerung der natürlichen CO2-Senken, diese umfassen Kohlenstoffeinbindungen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft.
Gesamtvolumen der Emissionen bestimmter Treibhausgase wird begrenzt
Für alle Unternehmen relevant sind absehbar weiter steigende CO2-Preise und damit ein höherer Druck auf Unternehmen, Energieverbräuche zu senken, erneuerbare Energieträger zu nutzen und auf emissionsarme Produktionsverfahren umzustellen. Ein wesentlicher Punkt ist daher das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS), mit dem CO2 bepreist wird. Das EU-Emissionshandelssystem umfasst alle EU-Länder sowie Island, Liechtenstein und Norwegen (EWR-EFTA-Staaten). Es begrenzt die Emissionen von rund 10 000 Anlagen im Stromsektor und in der verarbeitenden Industrie sowie die Emissionen von Luftfahrtunternehmen, die zwischen diesen Ländern Dienste anbieten. Das System deckt damit rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU ab. Das EU-EHS ist ein Handelssystem mit festen Obergrenzen („Cap and Trade“). Das Gesamtvolumen der Emissionen bestimmter Treibhausgase (THG), die unter das EU-EHS fallende Anlagen ausstoßen dürfen, wird durch eine Obergrenze („Cap“) beschränkt. Die Obergrenze soll im Laufe der Zeit sinken, sodass die Gesamtemissionen stetig zurückgehen.
Zertifikatehandel ermöglicht Flexibilität
Innerhalb dieser Obergrenzen erwerben oder erhalten Anlagenbetreiber Emissionszertifikate, mit denen sie nach Bedarf handeln können. Durch die Begrenzung der Gesamtzahl der verfügbaren Zertifikate wird sichergestellt, dass diese auch einen Wert haben. Für jede Anlage müssen am Jahresende genügend Zertifikate für ihre gesamten Emissionen abgegeben werden. Anderenfalls drohen hohe Geldstrafen. Wurden die Emissionen einer Anlage reduziert, so können die überzähligen Zertifikate entweder für künftige Zwecke behalten oder an eine andere Anlage verkauft werden, die Zertifikate benötigt. Der Handel ermöglicht die nötige Flexibilität, damit Emissionen dort sinken, wo dies die geringsten Kosten verursacht.
Beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) heißt es: „Für Unternehmen mit großen, am EU-ETS beteiligten Industrieanlagen ist die teilweise freie Zuteilung von Zertifikaten Voraussetzung dafür, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte gewahrt bleibt. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, diese freie Zuteilung an Industrieunternehmen herunterzufahren, indem die maximale Abwertung der Benchmarks von 1,6 auf 2,5 Prozent pro Jahr angehoben wird. Das führt in Kombination mit der erwarteten Steigerung der CO2-Preise zu deutlich höheren Belastungen dieser Unternehmen. Zusätzlich wird als Gegenleistung für die freie Zuteilung eine Verpflichtung zu Klimaschutzinvestitionen eingeführt.“