Nach sechs Monaten Bauzeit hat Air Liquide einen wichtigen Abschnitt seines Wasserstoff-Fernleitungsnetzes fertiggestellt. Eine vier Kilometer lange Pipeline bindet nun auch thyssenkrupp Steel in Duisburg an – und damit Deutschlands größtes Stahlwerk.
Die Stahlerzeugung der Zukunft ist auf große Mengen Wasserstoff angewiesen. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Reallabors „H2Stahl“ hat das Industriegas-Unternehmen Air Liquide nun eine Pipeline bis zu thyssenkrupp Steel in Duisburg fertiggestellt. Auf einer Länge von rund vier Kilometern verbindet sie das Gelände des Stahlwerks mit dem Wasserstoff-Netzwerk von Air Liquide im Ruhrgebiet. Die Einweihung fand am 22. Dezember statt, unter anderem mit NRW-Wirtschafts- und Klimaschutzministerim Mona Neubaur (Bildmitte). Sie bezeichnete die Zusammenarbeit als „ein starkes Signal für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Industrie in unserem Land“.
Wasserstoff für Forschungs- und Simulationszwecke
Perspektivisch wird Wasserstoff ein Schlüsselmolekül sein, um klimaneutralen Stahl herstellen zu können. Schon 2019 haben thyssenkrupp und Air Liquide testweise Wasserstoff in einen Hochofen eingeblasen, um die CO2-Emissionen der konventionellen Stahlerzeugung zu senken. Die Landesregierung NRW hat das damalige Projekt als „wegweisendes Pilotvorhaben“ unterstützt.
Bernhard Osburg (im Bild, r.), CEO von thyssenkrupp Steel, freue sich, dass das Unternehmen nun einen weiteren Schritt hin zur Dekarbonisierung gehe. „Mit der jetzt durch unseren Partner Air Liquide fertiggestellten Pipeline schaffen wir weitere Fakten. Durch sie kann ab 2024 klimafreundlicher Wasserstoff zu uns geliefert werden. Wir werden ihn zu Forschungs- und Simulationszwecken und dann vor allem zur Versorgung unserer ersten Direktreduktionsanlage benötigen“, erklärt Osburg.
„Entschlossene Zusammenarbeit von Politik und Industrie“
Das 200 Kilometer lange Wasserstoff-Fernleitungsnetz von Air Liquide an Rhein und Ruhr bietet gute Möglichkeiten für den Start in die Wasserstoffzukunft. Die Pipelines verbinden Wasserstoff-Produktionsanlagen und Großkunden in Marl, Duisburg, Krefeld, Leverkusen, Dormagen, Düsseldorf und weiteren Städten in der Region.
Im Herbst 2023 wird mit dem “Trailblazer” in Oberhausen planmäßig die erste 20 MW Wasserelektrolyseanlage im Industriemaßstab an das H2-Netzwerk von Air Liquide angeschlossen werden. So können Kunden in der ersten Stufe mit bis zu 2.900 Tonnen pro Jahr erneuerbarem Wasserstoff via Pipeline versorgt werden. Eine Erweiterbarkeit um +10 MW Kapazität ist in Vorbereitung, zusätzliche Initiativen zur Bereitstellung von erneuerbarem Wasserstoff für Industrie und Mobilität in der Region sind in der Entwicklung.
„Damit die industrielle Transformation gelingt, brauchen wir eine entschlossene Zusammenarbeit von Vertretern aus Politik und Industrie. Die neue Wasserstoff-Pipeline zu thyssenkrupp Steel in Duisburg ist ein Paradebeispiel dafür“, sagt Gilles Le Van (im Bild, l.), Vice President Larges Industries und Energy Transition für Air Liquide Central Europe. Ihm zufolge sei es für die Industrie in Deutschland „überlebenswichtig“, effektiven Klimaschutz und internationale Wettbewerbsfähigkeit gemeinsam zu denken.
Ziel: Großindustrieller Einsatz von Wasserstoff
Wasserstoff wird bislang nicht im großindustriellen Maßstab zur Stahlproduktion verwendet. thyssenkrupp Steel hat seit 2019 erste Versuchsreihen zur Wasserstoffinjektion in einen bestehenden Hochofen erfolgreich abgeschlossen. Obgleich derzeit eine Ausweitung dieser Versuche aufgrund der hohen Erdgas- und Energiepreise ausgesetzt ist, laufen die Planungen zum Bau einer Direktreduktions-Versuchsanlag unvermindert weiter, um den Technologiesprung in die wasserstoffbasierte, klimaneutrale Roheisenproduktion zu erproben. Der technologische Meilenstein ist dann der Bau der ersten großindustriellen Direktreduktionsanlage mit Einschmelzaggregaten. Die Aufträge dazu sollen in Kürze vergeben werden. Die Fertigstellung ist für 2026 geplant.
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