Industrie und Forschung leiden unter dem Mangel an Fach- und Nachwuchskräften. Insbesondere im produzierenden Gewerbe sind Ingenieure gefragt, deren Förderung nun die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) in Angriff nehmen will.
Seit gut fünf Jahren sinkt in Deutschland die Zahl der Studienanfänger in den Ingenieurwissenschaften deutlich, gibt die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) zu denken. Dessen Präsident Jens Wulfsberg warnt vor einem großen Problem: „Das trifft nicht nur unsere Universitätsinstitute, von denen – sollte der Trend anhalten – manche in einigen Jahren nur noch halb so groß sein werden und nur noch halb so viel Forschung betreiben können.“ Betroffen sei auch die Industrie, die schon heute Schwierigkeiten habe, gut ausgebildeten Nachwuchs zu finden. „Und damit ist es letzendlich ein Problem für unsere Gesellschaft, deren Wohlstand bekanntermaßen auf dem produzierenden Gewerbe gegründet ist“, so Wulfsberg.
Fachkräftemangel bereitet „größte Kopfschmerzen“
Vor dem Hintergrund hat die WGP die Nachwuchsgewinnung und -förderung zu einem Schwerpunktthema gemacht. Die Mitglieder der Vereinigung beschlossen erste Maßnahmen und gaben Gelder frei, um unter anderem mehr Schüler für MINT-Fächer zu begeistern. „Das Problem ist bei den Unternehmen schon angekommen, der Nachwuchsmangel ist für viele eine der größten Herausforderungen, größer als Energiekrise und Lieferkettenengpässe“, weiß Wulfsberg. Das kann Dr. Jörg Schaupp, Leiter des Airbus-Standorts Stade, nur bestätigen. Er betont, dass bei Airbus der Fachkräftemangel die „größten Kopfschmerzen“ bereite. In den kommenden zwölf Monaten könnte der Konzern 1.000 Ingenieure einstellen. Woher die Kandidaten allerdings kommen sollen, weiß Schaupp nicht. Auch Ausbildungsplätze seien reichlich vorhanden.
Neben der demographischen Entwicklung sieht Schaupp ein zusätzliches Problem darin, dass Wissen ans Ausland verloren gehe, weil Unternehmen neue Werke aus wettbewerblichen Gründen jenseits deutscher Grenzen eröffneten. „In Deutschland verfügen wir nur über einen einzigen Rohstoff, und das sind die Menschen und das, was in ihren Köpfen steckt“, mahnt er. Diese Ressource werde nun bedenklich knapp.
WGP: Konzept entsteht im Sommer
Die Entwicklung des Landes und damit der Wohlstand hingen maßgeblich von MINT-Fächern ab, konstatiert Hans-Christian Möhring, Sprecher des Wissenschaftsausschusses der WGP. „Wir werden nun aktiv Konzepte und Maßnahmen entwickeln, um das Problem anzupacken“, betont er und weist auf die Vielfältigkeit der Ingenieurstätigkeit hin. „In diesen Berufen können junge Menschen aktiv Lösungen entwickeln, mit denen wir eine intakte Umwelt auch für kommende Generationen schaffen können, ohne dabei auf unseren Wohlstand verzichten zu müssen“, so Möhring.
Dass sich bereits andere Akteure ähnliche Ziele gesetzt haben, betrachten die Professoren der WGP als einen Vorteil. So könne man mit interessierten Verbänden sowie Partnern aus Industrie und Politik kooperieren und eine umso breiter angelegte, bundesweite Kampagne starten. Kontakte habe man bereits geknüpft; ein erster Termin für die Entwicklung eines Konzeptes stehe im Sommer an.