Die hiesige Industrie kämpft während der Corona-Pandemie mit einem dramatischen Nachfragerückgang. Auf Grundlage einer Sonderumfrage unter Herstellern, Zulieferern und Dienstleistern des verarbeitenden Gewerbes erwartet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ein zweistelliges Minus bei der deutschen Wirtschaftsleistung.
Demnach berichten fast drei Viertel der Industriebetriebe aktuell von einer sinkenden Nachfrage – ein im Branchenvergleich überdurchschnittlicher Wert. Zudem streichen viele Betriebe ihre Investitionen zusammen und beginnen, ihre Lieferketten auf regionale und europäische Lieferanten umzustellen.
Ein Viertel der Industriebetriebe mit Liquiditätsengpässen
„Die globale Corona-Pandemie trifft unseren Industriestandort Deutschland mitten ins Herz“, erklärt DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Ergebnisse der Branchenauswertung. „Auch deshalb werden wir in diesem Jahr einen historischen Wirtschaftseinbruch erleben.“ Schweitzer prognostiziert, man müsse derzeit von einem Rückgang des Bruttoinlandproduktes „im zweistelligen Prozentbereich“ ausgehen. Mehr als jedes zweite Industrie-Unternehmen melde einen Rückgang seines Eigenkapitals. Fast ein Viertel des Sektors sei zudem von teilweise akuten Liquiditätsengpässen betroffen.
Innovationstreiber Industrie streicht Investitionen
Nach eigenen Angaben kämpfen aktuell viele weltweit vernetzte Industriebetriebe mit dramatischen Nachfragerückgängen – aus dem Inland, der EU und anderen Weltregionen. „Wenn wir uns in der Welt umsehen, spüren wir mittlerweile alle Anzeichen einer Weltwirtschaftskrise. Bei uns müssen da gleich mehrere Alarmglocken klingeln“, warnt der DIHK-Präsident. In Deutschland hänge jeder vierte Arbeitsplatz direkt vom Export ab, in der Industrie sogar jeder zweite.
Zudem legt fast jedes zweite Unternehmen geplante Investitionen auf Eis oder streicht Investitionsbudgets zusammen. Bei den Großunternehmen sind es sogar zwei Drittel. Damit setzt keine andere Branche so stark den Rotstift bei den Investitionsplänen an wie die Industrie (Gesamtwirtschaft: 36 Prozent). „Klar ist: Ohne anspringende Investitionen ist ein nachhaltiger Aufschwung nicht denkbar“, betont Schweitzer. Die deutsche Industrie gilt normalerweise als ein Treiber für Innovation und investiert wie keine andere Branche in Forschung und Entwicklung.
Gestärkt aus der Krise?
Im betrieblichen Alltag kämpfen die exportorientierten Industriebetriebe vor allem mit Liefer- und Produktionsausfällen in anderen Weltregionen. Rund jedes vierte Unternehmen nennt fehlende Waren und Dienstleistungen in der Wertschöpfungskette sowie logistische Engpässe. Als Reaktion darauf suchen bereits 17 Prozent der Industriebetriebe und Großhändler aktiv nach neuen Lieferanten – und zwar überwiegend in Deutschland (87 Prozent) und anderen EU-Ländern (59 Prozent).
Die Folge ist eine stärkere Regionalisierung und Europäisierung von Lieferketten. „Der Weltmarkt wird gerade wieder neu verteilt“, so Schweitzer. Die Reorganisation der Lieferketten sei dafür nur ein Beispiel. „Es ist gut möglich, dass Deutschland als Wirtschaftsstandort gestärkt aus der Krise hervorgehen wird. Damit das aber tatsächlich gelingen kann, brauchen heimische Betriebe schnell eine höhere Liquidität – und ausländische Unternehmen neue Anreize, um in den Standort Deutschland zu investieren“, fordert der DIHK-Präsident. Die Industrie trage in Deutschland knapp ein Viertel zur gesamten Wirtschaftsleistung bei.
Die Ergebnisse der DIHK-Sonderumfrage stehen hier in vollem Umfang und kostenlos zum Download bereit.