Der österreichische Stahlkonzern Voestalpine musste im vergangenen Geschäftsjahr hohe Verluste hinnehmen. Gründe dafür sucht das Unternehmen im Konjunktureinbruch, in diversen Sondereffekten sowie den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie.
Die massive Eintrübung des wirtschaftlichen Umfeldes infolge der weltweiten Handelskonflikte habe das Geschäftsjahr 2019/20 von Voestalpine von Beginn an geprägt, berichtet der Konzern in einer Pressemitteilung. Darunter habe insbesondere die exportorientierte Industrie Europas gelitten, die rund zwei Drittel des Konzernumsatzes ausmache. Auch das für den Konzern wichtige Automobilsegment hat sich weltweit abgeschwächt. Hinzu kamen ein globaler Anstieg der Preise für Eisenerz bei gleichzeitig sinkenden Stahlpreisen.
In der Folge verringerte sich der Umsatz der Aktiengesellschaft im Vorjahresvergleich um 6,2 Prozent von 13,6 auf 12,7 Milliarden Euro. „Die rückläufige Umsatzentwicklung des Voestalpine-Konzerns im Geschäftsjahr 2019/20 spiegelt den Konjunkturrückgang über den gesamten Jahresverlauf wieder“, so Vorstandsvorsitzender Herbert Eibensteiner. Unter dem Strich traf den Konzern ein Nettoverlust in Höhe von 216 Millionen Euro, nachdem es ihm im vergangenen Jahr noch gelungen war, 459 Millionen Euro Gewinn zu generieren.
Hochofen in Linz außer Betrieb
Aufgrund der ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie war Voestalpine nach eigenen Angaben zu „Produktionskürzungen und temporären Stilllegungen in nahezu allen Bereichen“ gezwungen. Darunter befinde sich auch ein bis auf weiteres außer Betrieb genommener kleiner Hochofen in Linz, wie Hubert Zajicek, Chef der Steel Division des Konzerns, in einer virtuellen Pressekonferenz mitteilte. Die Anlage mache rund 20 Prozent der Produktionskapazität des Standortes aus. Der Rest sei auf einen großen Hochofen (60 Prozent) und einen weiteren kleinen Ofen (20 Prozent) verteilt.
Zudem schickte der Konzern im Mai dieses Jahres rund 10.400 österreichische Mitarbeiter in Kurzarbeit oder in kurzarbeitsähnliche Modelle. In Deutschland waren es 3.000 Mitarbeiter, auf internationaler Ebene 2.400.
Voestalpine legt Investitionen vorerst auf Eis
Die Investitionen des Konzerns bewegten sich – so Voestalpine – im vergangenen Geschäftsjahr „mit 777 Millionen Euro erstmals seit 2011/12 unter dem Niveau der planmäßigen Abschreibungen“. Im laufenden Jahr soll die Investitionstätigkeit weiter zurückgefahren werden. Stattdessen will der Konzern verstärkt die Optimierung der zuletzt realisierten High-Tech-Anlagen fokussieren.
Damit meint Voestalpine unter anderem die 2019 in Betrieb genommene Elektrolyse-Pilotanlage zur CO2-freien Herstellung von Wasserstoff am Standort Linz. Sie soll einen zentralen Schritt in Richtung einer dekarbonisierten Stahlproduktion darstellen. Auch der Bau des Edelstahlwerkes am Standort Kapfenberg schreite voran, gibt das Unternehmen bekannt. Allerdings werde sich die Fertigstellung des Werks aufgrund von Lieferengpässen in die zweite Hälfte des Jahres 2021 verschieben.
Zudem sei in Donawitz eine neue Strangussanlage („CC4“) mit einer Jahreskapazität von 950.000 Tonnen fertiggestellt worden. Im Automotive-Werk Shenyang in China habe darüber hinaus die bereits dritte „phs-ultraform“-Linie zur Produktion von höchsfesten Leichtbaukomponenten den Betrieb aufgenommen.
Ausblick
Die weitere Entwicklung des laufenden Geschäftsjahres könne laut Voestalpine nur sehr grob eingeschätzt werden. „Aus heutiger Sicht erscheint ein Szenario zur Verbesserung der Gesamtwirtschaft nach dem Sommer 2020 wahrscheinlich“, wagt Herbert Eibensteiner eine Prognose. Die Einschätzung erfolge aber in einem „höchst volatilen Wirtschaftsumfeld“ und sei „daher mit erheblicher Unsicherheit behaftet“.
Deshalb werde der aktuelle Fokus Eibensteiner zufolge auf „ergebnisstabilisierenden Maßnahmen wie konsequentem Kosten- und Working Capital-Management sowie Cashflow-Generierung liegen“. Dementprechend würden die Investitionen für das Geschäftsjahr 2020/21 mit einem Wert von 600 Millionen Euro deutlich unter den bisherigen Volumina und unter Abschreibungsniveau geplant.