Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS hat eine Anlage entwickelt, die die additive Fertigung (industrieller 3D-Druck) von Multimaterial-Bauteilen basierend auf thermoplastischen Bindersystemen ermöglicht. Das sogenannte Multi Material Jetting (MMJ) fügt verschiedene Materialien mit ihren jeweils unterschiedlichen Merkmalen zu einem Produkt zusammen.
„Wir können derzeit bis zu vier Stoffe gleichzeitig verarbeiten“, erklärt Uwe Scheithauer, Wissenschaftler am IKTS. Die Einsatzgebiete seien vielfältig und lägen überall da, wo Unternehmen hochintegrierte multifunktionale Bauteile mit individuell definierten Eigenschaften herstellen wollen. Als für dieses Verfahren besonders leistungsfähige Materialien gelten Keramik und Metall.
Multi Material Jetting auch für Werkstücke aus Hartmetall
Die Fertigung im Rahmen des Multi Material Jetting geschieht in einem fortlaufenden Prozess. Zunächst erfolgt die homogene Verteilung der pulverförmigen keramischen oder metallischen Ausgangsmaterialien in einer thermoplastischen Bindersubstanz. Die so hergestellten Massen werden in Mikrodosiersysteme (MDS) eingefüllt, worauf der eigentliche Fertigungsprozess startet.
In den MDS werden die Massen bei rund 100 Grad Celsius aufgeschmolzen, wodurch sie sehr fein dosierbar sind. Um eine präzise Positionierung der Tröpfchen zu realisieren, entwickelten die IKTS-Wissenschaftler eine entsprechende Software: Die Dosiersysteme legen computergesteuert hochpräzise Tropfen für Tropfen an der richtigen Stelle ab, wodurch sich das Bauteil punktweise aufbaut – bis zu 60 mm und 1000 Tropfen pro Sekunde.
Die Anlage für das Multi Material Jetting arbeitet mit einer Tropfengröße zwischen 300 und 1000 μm, was zu einer Höhe der aufgetragenen Schichten zwischen 100 und 200 μm führt. Maximal lassen sich derzeit Bauteile der Größe 20 × 20 × 18 Zentimeter herstellen. „Das Entscheidende ist die individuelle Dosierung der Metall- oder Keramikmassen“, sagt Scheithauer. Diese Dosierung sorge dafür, dass das Endprodukt während der abschließenden Sinterung im Ofen die gewünschten Eigenschaften und Funktionen erhalte.
Aufgrund der hohen Präzision und Flexibilität der Anlage taugt sie nicht nur für die Herstellung multifunktionaler Komponenten. Auch könne sie mit dem Multi Material Jetting Rohlinge für Werkstücke aus Hartmetall fertigen, erklärt Scheithauer. „Da die Dosiersysteme extrem präzise arbeiten, sind die Rohlinge schon sehr nahe an der Endkontur und müssen anders als bei herkömmlichen Verfahren kaum mehr aufwendig nachgeschliffen werden. Das ist bei Hartmetall ein großer Vorteil.“
Das Projekt am IKTS hat gezeigt, dass Multi Material Jetting auch in der Praxis funktioniert und skalierbar ist. Im nächsten Schritt folgt die Validierung für den Industrieeinsatz. Neben der Hardware bietet das IKTS Industriekunden auch die Material- und Softwareentwicklung für die Prozessüberwachung und -automatisierung an.
Quelle, Foto: Fraunhofer IKTS