Zum Jahresende brauchen Unternehmen ein mess- und eichrechtskonformes Messkonzept, um an Dritte weitergeleitete Strommengen abzugrenzen. Fehlt dies, droht der Verlust von Umlageprivilegien.
Autor: Joachim Bohn, Consultant bei enexion
Die Frist für das Umsetzen eines gesetzeskonformen Messkonzepts für die Abgrenzung von Strommengen läuft am 31. Dezember 2020 aus. Der Gesetzgeber hatte in dem Ende 2018 verabschiedeten Energiesammelgesetz entscheidende Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgenommen und dabei besonderes Augenmerk auf die Abgrenzung von Stromverbräuchen Dritter gelegt. Die in den §§ 62a, 62b und 104 EEG beschriebenen Regelungen müssen ab dem 1. Januar 2021 nun zwingend von Unternehmen, die weiterhin Umlageprivilegien in Anspruch nehmen wollen, eingehalten werden.
Zahlreiche Umlageprivilegien betroffen
Betroffen sind insbesondere Unternehmen, die im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung von der EEG-Umlage, der KWKG- und der Offshore-Netz-Umlage befreit werden wollen und Strom an Dritte weiterleiten. Zudem sind alle Unternehmen betroffen, die eine privilegierte Abrechnung der §19 StromNEV-Umlage in Anspruch nehmen. Während die Industrieunternehmen die Drittmengen bisher schätzen durften, läuft die Übergangsfrist jetzt aus: Ab dem 1. Januar 2021 erhalten die Unternehmen eine privilegierte Abrechnung nur noch bei Vorlage einer Erklärung, die beschreibt, wie an Dritte weitergeleitete Strommengen mess- und eichrechtskonform erfasst und abgegrenzt werden.
Coronabedingt ist diese Übergangsfrist in vielen Fällen aus dem Blickfeld geraten. Wenn das Messkonzept zur Drittmengenabgrenzung aber nicht bis Jahresende umgesetzt ist, drohen betroffenen Unternehmen schlimmstenfalls der Verlust sämtlicher Umlageprivilegien und Nachzahlungen für die vergangenen zehn Jahre. Das kann, abhängig von der Unternehmensgröße und dem Stromverbrauch, durchaus zu Millionenverlusten führen.
Energieintensive Unternehmen, die hier noch eine offene Baustelle haben, müssen zeitnah die notwendigen Maßnahmen in Gang setzen und ein rechtskonformes Messkonzept aufstellen und umsetzen. Dabei empfiehlt es sich, zuallererst den Netzbetreiber zu fragen, ob er eine Testierung des Messkonzepts verlangt. Ist das der Fall, sollte man den Wirtschaftsprüfer rechtzeitig in den Prozess einbinden, um eine testierfähige Lösung zu entwickeln.
Dritte und ihre Verbräuche erfassen
In einem ersten Schritt sollte man z.B. über Kreditoren oder Zugangslisten sämtliche Dienstleister und Lieferanten erfassen. Aus dieser Liste gilt es dann, die Drittverbräuche den Dritten oder dem Unternehmen zuzuordnen.
Den Betreiber ermitteln
Nutzen Handwerker, Reinigungsfirmen und andere Dienstleister große Verbrauchsgeräte wie Industriewaschmaschinen oder Hebebühnen, die sich im Eigentum des Industrieunternehmens befinden? Wer betreibt die Kantine, die Kopierer und die Industriekaffeemaschinen? Wem gehören die Geräte, wer trägt das wirtschaftliche Risiko und gibt die Dienstanweisung? Diese Fragen sollte man sich bei sämtlichen größeren Stromverbrauchsgeräten und Leasingverträgen stellen, denn wenn man die drei Betreiberkriterien Sachherrschaft / Besitz, eigenverantwortliche Bestimmung der Arbeitsweise / Dienstanweisung sowie wirtschaftliches Risiko / Eigentum dem eigenen Unternehmen zuordnen kann, werden auch die Stromverbräuche dem Unternehmen zugerechnet, was die privilegierungsfähigen Strommengen erhöht.