Gerdau und RHI Magnesita haben ein neues Projekt zur Nutzung von Blockchain-Technologie auf den Weg gebracht. In Zusammenarbeit mit dem Technologieunternehmen „Criptonomia“ entwickelten die Unternehmen eine Lösung, die die Zukunft von B2B-Geschäftsbeziehungen verändern soll.
RHI Magnesita, Weltmarkt- und Technologieführer im Feuerfestbereich, und Brasiliens größter Stahlproduzent Gerdau bündeln ihre Kräfte und setzen gemeinsam einen wichtigen Schritt in ihrer Geschäftsbeziehung. Die Unternehmen geben heute das Go-live eines gemeinsamen Projektes zur Nutzung von Blockchain-Technologie bekannt. Das Projekt mit dem Titel Refrac Chain sei im Stahlbereich weltweit einzigartig, teilt RHI Magnesita mit. Es sei darauf ausgelegt, Performance-Verträge zwischen RHI Magnesita und Gerdau zu messen. Nun erfasst die Blockchain alle bisher manuell nachverfolgten Daten und Transaktionen. Dabei führt das eigene Programm Finanzkalkulationen und Bewertungen durch.
Ausgangspunkt der Zusammenarbeit der beiden Unternehmen ist die Tatsache, dass Informationssicherheit als wesentlicher Faktor in Geschäftsbeziehungen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Zudem hat der Einsatz von dezentralen Technologien grundlegende Auswirkungen auf Unternehmen mit hohem Transaktionsvolumen. Stefan Borgas, CEO RHI Magnesita, dazu: „Digitalisierung und Industrie 4.0 verändern die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, radikal. Davon sind alle Geschäftsbereiche – vom Vertrieb bis zur Produktion – betroffen. Mit Blockchain wird in unserer Industrie kein Stein auf dem anderen bleiben. Diese Schlüsseltechnologie bringt nicht nur mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit, sondern definiert die Partnerschaft zwischen Unternehmen neu und schafft eine Basis für gegenseitiges Vertrauen, die bisher unmöglich war.“ Das gemeinsame Projekt ermöglicht die Rückverfolgbarkeit von Prozessen sowie Informationsaustausch zwischen RHI Magnesita und Gerdau.
Gerdau: „Zuverlässigkeit, Speed und Agilität“
Die Inbetriebnahme der Blockchain-Plattform erfolgte dieses Jahr exklusiv an einem Standort Gerdaus in Minas Gerais, Brasilien. Von dort aus will man diese Lösung auch auf andere Bereiche des Unternehmens ausweiten. Für Vinicius Moura, General Supply Manager Gerdau, steht das Projekt im Einklang mit dem Ziel des Unternehmens, Mehrwert für die gesamte Stahlindustrie zu schaffen. “Gemeinsam mit unseren Lieferanten suchen wir nach Lösungen, die den Herausforderungen des Geschäfts gerecht werden. Dadurch wollen wir operative Spitzenleistungen aller Units gewährleisten. Diese Initiative bringt Zuverlässigkeit, Speed und Agilität in den Prozess und entspricht der digitalen Transformationsreise, die Gerdau seit einigen Jahren durchläuft“, so Moura.
Unter der Leitung von RHI Magnesita und Gerdau trägt das Projekt dazu bei, eine anhaltend hohe Leistung der an die Stahlindustrie gelieferten Feuerfestprodukte sicherzustellen. Dabei übernimmt die Plattform bisher mittels Tabellenkalkulation durchgeführte Aufgaben. Dadurch sei eine erhebliche Reduzierung repetitive Arbeiten und somit die Beschleunigung von Prozessen möglich, heißt es. Gleichzeitig erfolgt die Optimierung von Transparenz und Sicherheit von vertraglichen Informationen.
Gustavo Franco, CSO RHI Magnesita, erklärt: „Die Blockchain-Technologie birgt auch für unsere Industrie enormes Potenzial. Der Aufbau eines sicheren und ganzheitlichen Datennetzwerks mit Gerdau wird unsere historisch gewachsene Partnerschaft weiter vertiefen. Durch das Vorantreiben effizienterer Workflows und automatisierter Datentransaktionen erhalten beide Parteien zuverlässig Einblick, sodass Agilität bei Entscheidungsfindungen und Vertrauen in die Abwicklung unserer Verträge gestärkt werden.“
Gemeinsame Vertrauensbasis
Für die projektverantwortlichen Experten bei Criptonomia, Antonio Hoffert und Gleisson de Assis, handelt es sich dabei um eine noch nie dagewesene Nutzung von Blockchain in der Stahlindustrie. Die neue Software führt technische, rechtliche und kommerzielle Workflows in einer Schnittstelle zusammen. Weitere Bereiche, in denen die Blockchain-Technologie zum Einsatz kommt, sind Logistik und Transport, Versorgung, Landwirtschaft, Automotive und Energie.
„Blockchain baut eine gemeinsame Vertrauensbasis auf, mit Validierungsschritten durch verschiedene Vertreter beider Unternehmen, und bietet Speicherplatz für Belege in Form von Bildern, Dokumenten, Text, Videos und Audio. Dadurch werden Transaktionsrisiken minimiert und der Prozess ist prüffähig“, sagt Hoffert. Transparenz, Sicherheit und Datengenauigkeit zählen zu den wichtigsten Vorteilen der Plattform. „Die Blockchain löst die aktuelle Art und Weise der Vertragsabwicklung ab und ist ein positiver Schritt in Richtung Dezentralisierung. Das System erstellt digitale Signaturen, die über alle Prozessschritte hinweg von beiden Parteien geprüft und validiert werden können, und verhindert, dass gelegentlich auftretende Probleme zu einer Zerreißprobe werden“, sagt der Experte abschließend.
Laut Antonio Hoffert ist Refrac Chain bereits die größte dezentrale Anwendung in der Industrie in Brasilien. Mit dem Ausbau des Projekts in den nächsten fünf Jahren soll es die weltweit größte industrielle Blockchain-Anwendung werden.