Geschlossene Kreisläufe sind das Gebot der Stunde, wenn es um die Dekarbonisierung der Stahlindustrie geht. Immer häufiger von Interesse sind dabei Lösungen zum Recycling des während der Produktion anfallenden Kohlenstoffdioxids. Die Universität Birmingham hat ein System entwickelt, das die CO2-Emissionen der Stahlerzeugung fast vollständig eliminiert.
Ein Forschungsteam der Universität Birmingham hat nach eigenen Angaben herausgefunden, wie bestehende Öfen für die Eisen- und Stahlerzeugung angepasst werden müssen, um deren CO2-Ausstoß um nahezu 90 Prozent zu verringern. Dies könne mithilfe eines Kohlenstoff-Recycling-Systems in einem geschlossenen Kreislauf erreicht werden, das 90 Prozent des verwendeten Koks ersetzt und lediglich Sauerstoff als Nebenprodukt emittiert.
Das von Prof. Yulong Ding und Dr. Harriet Kildahl von der School of Chemical Engineering der Universität Birmingham entwickelte System wird in einem im Journal of Cleaner Production veröffentlichten Artikel detailliert beschrieben. Daraus geht hervor, dass es allein in Großbritannien innerhalb von fünf Jahren Kosteneinsparungen in Höhe von 1,28 Milliarden Pfund (etwa 1,45 Milliarden Euro) ermöglichen und gleichzeitig die Gesamtemissionen des Landes um 2,9 Prozent senken könnte.
Recycling-System kann in bestehende Anlagen nachgerüstet werden
„Die derzeitigen Vorschläge zur Dekarbonisierung des Stahlsektors beruhen auf der schrittweisen Stilllegung bestehender Anlagen und der Einführung von Elektrolichtbogenöfen, die mit erneuerbarem Strom betrieben werden“, stellt Ding fest. Der Bau eines Elektrolichtbogenofens könne jedoch über eine Milliarde Pfund kosten, sodass diese Umstellung in der verbleibenden Zeit bis zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens wirtschaftlich nicht machbar sei. „Das von uns vorgeschlagene System kann in bestehenden Anlagen nachgerüstet werden, was das Risiko von ›Stranded Assets‹ verringert. Zudem werden sowohl die CO2-Reduzierung als auch die Kosteneinsparungen sofort sichtbar“, so Ding.
Das neuartige Recyclingsystem fängt das Kohlenstoffdioxid (CO2) aus dem Gichtgas ab und reduziert es mithilfe eines kristallinen Mineralgitters, das als »Perowskit« bekannt ist, zu einfachem Kohlenstoff (CO). Die Forscher entschieden sich für dieses Material, weil die Reaktionen in einem Temperaturbereich von 700 bis 800 °C stattfinden, der mit erneuerbaren Energiequellen oder über Wärmetauscher an den Hochöfen erzeugt werden kann. Bei einer hohen CO2-Konzentration spaltet das Perowskit das CO2 in Sauerstoff, der im Gitter absorbiert wird, und in CO, das in den Hochofen zurückgeführt wird. Das Perowskit kann anschließend mit einer chemischen Reaktion, die in einer sauerstoffarmen Umgebung abläuft, wieder in seine ursprüngliche Form zurückgeführt werden. Der erzeugte Sauerstoff indes kann im Sauerstoffblasofen zur Stahlerzeugung verwendet werden.
Die University of Birmingham Enterprise hat das System und seine Verwendung in der Metallproduktion zum Patent angemeldet. Nun sucht die Einrichtung nach langfristigen Partnern für die Teilnahme an Pilotstudien, die Bereitstellung dieser Technologie für bestehende Infrastrukturen oder die Zusammenarbeit bei der weiteren Forschung zur Entwicklung des Systems.
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