Mit der Auftragsvergabe an die SMS group startet bei thyssenkrupp Steel in Duisburg eines der weltweit größten industriellen Dekarbonisierungsprojekte. Künftig sollen über 3,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden. Auf diese Hightech-Lösungen stützt sich der Ruhrgigant, um Pionier in der wasserstoffbetrieben Direktreduktion zu werden.
Thyssenkrupp Steel beauftragt die SMS group mit dem Engineering, der Lieferung und dem Bau der ersten wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlage am Standort Duisburg. Damit startet eines der weltweit größten industriellen Dekarbonisierungsprojekte, mit dem zukünftig bereits über 3,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden können. Das Auftragsvolumen für SMS beträgt über 1,8 Milliarden Euro und markiert zugleich den größten Einzelauftrag in der Geschichte des Unternehmens. Darüber hinaus sind erhebliche weitere bautechnische Leistungen sowie die Infrastruktur und Medienanbindung erforderlich.
Im Rahmen der Gewährung eines vorgezogenen Maßnahmenbeginns kann mit den Vorarbeiten unverzüglich begonnen werden. Die Fertigstellung der Anlage mit einer Kapazität von 2,5 Millionen Tonnen direkt reduziertem Eisen (DRI) ist für Ende 2026 geplant. Das Gesamtprojekt steht weiterhin unter den Vorbehalten der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Union und des finalen Zuwendungsbescheides. Beides wird in den nächsten Monaten erwartet. Das Land NRW und die Bundesregierung signalisierten bereits eine substanzielle finanzielle Unterstützung für das Vorhabe.
Ablösung der CO2-intensiven Primärstahlherstellung beginnt
Die Auftragsvergabe markiert für den größten deutschen Stahlhersteller eine entscheidende technologische Wende in seiner mehr als 200-jährigen Geschichte: Im Rahmen des Transformationskonzepts „tkH2Steel“ beginnt nun der Ersatz der CO2-intensiven Stahlproduktion durch klimafreundliche Technologien. Bislang werden durch die kohlebasierte Roheisenproduktion im Hochofen große Mengen CO2 emittiert. Allein am Standort Duisburg sind dies rund 20 Millionen Tonnen pro Jahr. Wasserstoffbasierte Verfahren in Direktreduktionsanlagen bieten hier eine wesentliche Grundlage, Stahl in Zukunft klimaneutral herzustellen. thyssenkrupp Steel plant, 2030 bereits 6 Millionen Tonnen CO2 und damit weit mehr als 30 Prozent seiner Emissionen zu vermeiden. Spätestens 2045 soll die Transformation zur klimaneutralen Produktion abgeschlossen sein.

3D-Modell des am Standort Duisburg geplanten Anlagenkomplexes: thyssenkrupp Steel beauftragt die Düsseldorfer SMS group mit dem Engineering, der Lieferung und dem Bau der ersten wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlage und startet eines der weltweit größten industriellen Dekarbonisierungsprojekte (vorläufiger Planungsstand). Foto: thyssenkrupp Steel
Mit der SMS group hat ein Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen den Zuschlag für die zukunftsweisende Anlage bei thyssenkrupp Steel erhalten. SMS beschäftigt an rund 100 Standorten gut 14.500 Mitarbeiter und gestaltet als Spezialist für Produktionsanlagen der Stahlindustrie den Wandel der Branche aktiv mit. Auch für SMS ist der jetzt erteilte Auftrag historisch: Es ist der größte Einzelauftrag in der über 150-jährigen Geschichte. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bezeichnete die Zusammenarbeit als „eines der wichtigsten Projekte für die industrielle Transformation in Nordhrhein-Westfalen“. Die Auftragsvergabe an die Düsseldorfer SMS group zeige: „In unserem Land besteht nicht nur das Wissen, Grundstoffe klimaneutral herzustellen, sondern auch die Kompetenz, die dafür notwendigen Anlagen zu bauen.“
SMS group liefert Hightech für klimaneutrale Stahlproduktion
Thyssenkrupp Steel wird als erster Stahlhersteller der Welt eine 100 Prozent wasserstofffähige Direktreduktionsanlage mit innovativen Einschmelzern kombinieren. Durch die Positionierung der beiden Einschmelzer direkt neben der Direktreduktionsanlage wird das dort erzeugte feste Vormaterial unmittelbar in flüssiges Eisen umgewandelt; dies macht den gesamten Prozess besonders effizient. Darüber hinaus können die räumlichen Gegebenheiten eines komplexen Hüttenwerks berücksichtigt werden. Die Direktreduktionsanlage basiert auf der MIDREX Flex-Technologie, SMS liefert auch die innovativen Einschmelzer, die Schlackengranulierung und andere Hilfseinrichtungen, zum Beispiel die Wasseraufbereitung. SMS errichtet die Anlage auf EPC-Basis, das heißt, das Unternehmen trägt die Gesamtverantwortung für die Entwicklung (engineering), die Beschaffung (procurement) und den Bau (construction) der Anlage. Darüber hinaus sind erhebliche weitere Arbeiten im Bereich des Hoch- und Tiefbaus, der Infrastruktur und der Medienversorgung notwendig.
Das innovative Konzept gewährleistet eine gleichbleibend hohe Produktqualität, da es sich nahtlos in das bestehende Hüttenwerk integriert. Es ermöglicht die Beibehaltung aller nachfolgenden Prozessschritte ab dem Stahlwerk. Damit kann auf effiziente Weise die bestehende Anlagenstruktur genutzt werden. Die Kunden erhalten weiterhin das komplette, hochwertige Produktportfolio in der gewohnten Premiumqualität, heißt es vonseiten thyssenkrupp.
thyssenkrupp Steel: Großer Schritt für industriellen Klimaschutz
Die Kooperation zwischen thyssenkrupp Steel und SMS ist auch ein starkes Signal für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen. Beide Unternehmen bilden durch den Bau der Direktreduktionsanlage eine Partnerschaft für Innovation und für effizienten industriellen Klimaschutz. Verursacht thyssenkrupp Steel heute noch 2,5 Prozent der deutschen CO2-Emissionen, können mit der ersten Direktreduktionsanlage bereits über 3,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht rund 20 Prozent der heutigen Emissionen des Unternehmens. Das zugrunde liegende technologische Konzept kann zugleich Vorbild für viele weitere Dekarbonisierungsprojekte der Branche in Europa und darüber hinaus werden. Zugleich werden mit diesem Schritt in die Transformation viele tausend gute und qualifizierte Arbeitsplätze erhalten. Durch den Innovationsverbund zwischen thyssenkrupp Steel und SMS werden im Zuge der Errichtung der größten deutschen Direktreduktionsanlage auch neue Qualifikationen benötigt und Arbeitsplätze geschaffen.
Im Rahmen der von der Bundesregierung erteilten Gewährung des vorzeitigen Maßnahmenbeginns wird mit der Detailplanung und den vorbereitenden Arbeiten zum Bau der Direktreduktionslage unmittelbar begonnen. „Wir bei thyssenkrupp tun alles, was in unserer Hand liegt, um die grüne Transformation zu beschleunigen. Das ist auch der Grund, warum wir die Direktreduktionsanlage trotz aller Herausforderungen und Unsicherheiten schon jetzt auf den Weg bringen. Wir können nicht warten, bis alle Fragen geklärt sind“, sagte Martina Merz, CEO bei thyssenkrupp. Zu den jetzt anstehenden Maßnahmen zählt zum Beispiel die Vorbereitung des Baufeldes auf dem Werksgelände von thyssenkrupp Steel. Der Stahlerzeuger wird projektbegleitend in einen offenen und transparenten Dialog mit Nachbarschaft, Politik und Zivilgesellschaft treten, um das nun entstehende, wegweisende Projekt zur Dekarbonisierung der Stahlherstellung am Standort Duisburg vorzustellen.
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