Etablierter kann eine Veranstaltung kaum sein – schließlich blickt der Härtereikongress (HK) bald auf seine 80. Auflage zurück. Ganz am Anfang steht hingegen die Fachtagung SI Steel Innovation, die im vergangenen Jahr erstmals stattfand. Zusammen bilden die HK und SI abgekürzten Veranstaltungen ein Doppel, das Praktiker, Forscher und Nachwuchskräfte anspricht. Über die Erfahrungen des vergangenen Jahres und worauf sich Besucher diesen Oktober einstellen können, berichtet Dr. Till Schneiders. Er gehört dem Vorstand des ideellen Trägers Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werkstofftechnik (AWT) an.
stahl + eisen: In aller Kürze: Was kennzeichnet den Härtereikongress, was die SI Steel Innovation?
Schneiders: Der Härtereikongress ist der größte europäische Fachkongress seiner Art. Er setzt sich mit den Themen Wärmebehandlung und Werkstofftechnik, Fertigung und Verfahrenstechnik auseinander. Bei der Tagung Steel Innovation geht es um Fortschritte in der Werkstofftechnik sowie der Herstellung, Verarbeitung und Anwendung von Stählen. Im Doppelpack sind beide Veranstaltungen ein Treffpunkt für Experten aus Industrie und Hochschulen zum vorwettbewerblichen Austausch zu innovativen Entwicklungen von Stählen in der gesamten Prozesskette.
stahl + eisen: Was gab damals den Ausschlag, den Härtereikongress um eine Fachtagung zu erweitern?
Schneiders: Durch den von der Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werkstofftechnik und der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde im Frühjahr 2021 frisch ins Leben gerufenen Gemeinschaftsausschuss Werkstofftechnik Stahl rückte sogleich das Thema einer Fachtagung in den Fokus der Diskussionen. Die Experten und Interessierten sahen darin eine ausgezeichnete Möglichkeit, Wissen und Erfahrungen in einem größeren Rahmen auszutauschen, die aktuellen Trends und Entwicklungen im Bereich der Werkstofftechnik zu erörtern und gemeinsam innovative Lösungsansätze zu erarbeiten. Die Idee, diese Tagung an ein bereits etabliertes Format anzudocken, kristallisierte sich rasch als logische Konsequenz heraus.
stahl + eisen: Welche Erfahrungen haben Sie bei der ersten Doppelveranstaltung gemacht und welche Erkenntnisse haben Sie daraus gezogen?
Schneiders: Es hat sich gezeigt, dass die Steel Innovation eine ideale Ergänzung zum Härtereikongress ist. Stahl als Konstruktionswerkstoff Nummer 1 war immer schon ein wichtiger Bestandteil des Härtereikongresses und ein großer Teil der Besucher der vergangenen Jahre hat ein großes Interesse an der Werkstofftechnik der Stähle. Aufgrund des dementsprechend überaus positiven Feedbacks der Teilnehmenden sowie der fachlichen Leitung der ersten Steel Innovation im Jahr 2022 wurde noch während der Tagung ein bedeutender Beschluss gefasst. Die spürbare Anlaufdynamik und das sichtbare Engagement aller Beteiligten motivierten die Organisatoren, diese positive Energie unmittelbar aufzugreifen und in konkrete Planungen für die Zukunft umzumünzen. So wurde mit großer Zustimmung und Vorfreude entschieden, bereits im darauffolgenden Jahr die zweite Ausgabe der Steel Innovation abzuhalten. Die Organisationen und Einzelpersonen, die sich bereits intensiv für den Erfolg der ersten Tagung eingesetzt hatten, zeigten sich erneut bereit, ihre Expertise und ihr Netzwerk einzubringen, um eine erneute und noch erfolgreichere Veranstaltung auf die Beine zu stellen.
stahl + eisen: Welche Themen stehen dieses Jahr im Mittelpunkt? Um was geht es?
Schneiders: Neben den aktuellen Stichworten wie Nachhaltigkeit, Energieeinsparung und Digitalisierung geht es beim Härtereikongress auch um die klassischen Wärmebehandlungsthemen. Dazu gehören z.B Nitrieren, Abschrecken sowie Werkstoffprüfung und Qualitätskontrolle. Bei der Steel Innovation werden mit Dekarbonisierung und Wasserstoffeffekten zwei zentrale Aspekte des Transformationsprozesses der Stahlindustrie hin zu einer nachhaltigen Zukunft beleuchtet. Daneben bilden natürlich die Werkstoff- und Produktentwicklung, die additive Fertigung sowie die Oberflächen- und Fügetechnik eine große Rolle.
HärtereiKongress und Steel Innovation fokussieren auch Nachwuchskräfte
stahl + eisen: Es bleibt aber nicht nur bei der Theorie. Wie binden Sie die Praxis ein?
Schneiders: Es gibt wieder eine angegliederte Fachmesse, die Fachleute und Produktinnovation zusammenführt. Die Aussteller aus Europa und Asien zeigen neue Produkte und Anwendungen rund um die Themenfelder der Thermoprozesstechnik. Fachlich kommen sie u.a. aus den Bereichen Ofenbau, Zubehör für Wärmebehandlungsanlagen und Oberflächenbehandlung sowie Mess- und Sensortechnik. Wir erwarten wieder eine Vielzahl an Besuchern aus diesen Bereichen, aber auch generell von Stahlanwendern und -verarbeitern.
stahl + eisen: Die beiden Veranstaltungen richten sich ja nicht nur an Praktiker und Forscher, sondern auch an Nachwuchskräfte. Worauf können sie sich einstellen?
Schneiders: Seit langer Zeit steht beim Härtereikongress die Teilnahme von Nachwuchskräften im Fokus. Daher gibt es für den besten Vortrag eines jungen Wissenschaftlers seit 1995 den mit 2 000 Euro dotierten Paul-Riebensahm-Preis der AWT. In diesem Jahr wurde entschieden, dass die AWT auch für die Steel Innovation den Paul-Riebensahm-Preis ausloben wird, so dass die Nachwuchskräfte auf beiden Konferenzen die Möglichkeit haben, diesen etablierten Preis zu gewinnen. Zudem verstehen AWT und DGM die zweitägige Veranstaltung wieder als Forum zur beruflichen Qualifikation und Orientierung für Studenten und Auszubildende. So gibt es beispielsweise eine Jobmesse, bei der AWT-Mitgliedsunternehmen ihre Stellenanzeigen aushängen. Um die Hürden für den Besuch so weit wie möglich abzusenken, ist der Eintritt für Teilnehmer aus diesen Bereichen kostenfrei. Das gilt für den Kongress wie auch die Messe.
stahl + eisen: Zum Abschluss habe ich noch eine Frage zum Standort. Was spricht für Nordrhein-Westfalen und speziell für Köln, den Härtereikongress und die Steel Innovation hier auszutragen?
Schneiders: NRW bietet mit seiner Industrie und der relevanten Forschungslandschaft den idealen Rahmen für eine Doppelveranstaltung dieser Thematik. Und für die Teilnehmer, die nicht aus der Nähe kommen, ist Köln mit seiner zentralen Lage und guten verkehrstechnischen Anbindung sehr gut erreichbar.
stahl + eisen: Herzlichen Dank für den Austausch, Herr Dr. Schneiders!
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