Der Klimawandel wird zu einer deutlich erhöhten Bewehrungskorrosion an Betonbauten führen. Dies zeigt eine Untersuchung des Joint Research Centers (JRC) der Europäischen Union. Eine häufigere Verwendung von feuerverzinktem Betonstahl könnte dem entgegenwirken.
Die Studie mit dem Titel „Expected implications of climate change on the corrosion of structures“ geht davon aus, dass die bereits jetzt schon spürbare Veränderung des Klimas die Dauerhaftigkeit von Stahlbetonkonstruktionen in negativer Weise beeinflussen wird. Als wesentliche Treiber hierfür werden Schwankungen der Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie die Erhöhung der Kohlendioxidkonzentration (CO2) identifiziert.
Demnach führen eindringende Schadstoffe aus der Umwelt wie Chloride und Kohlendioxid (Karbonatisierung) zu einer verstärkten Bewehrungskorrosion. Ein Anstieg der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit erhöht die Infiltrationsrate dieser Substanzen und forciert die Korrosion des Bewehrungsstahls.
Klimawandel begünstigt Karbonatisierung und Chlorid-Einwirkung
Mit Karbonatisierung wird eine chemische Reaktion beschrieben, die in jedem Beton bei Anwesenheit von Kohlendioxid und Feuchtigkeit abläuft. Hierdurch wird langfristig der pH-Wert des Betons bis unter die Passivierungsschwelle von Stahl gesenkt. Wird die Passivierungsschwelle unterschritten, entsteht Bewehrungskorrosion.
Steigende Kohlendioxidkonzentrationen, Schwankungen der Temperatur aufgrund globaler Erwärmung und veränderte Luftfeuchtigkeitszyklen beschleunigen diesen Prozess. Das Ergebnis ist eine höhere Karbonatisierungsgeschwindigkeit und eine höhere Karbonatisierungstiefe. Entsprechend dieser Theorie könnte Bewehrungskorrosion früher und häufiger auftreten und auch tiefer liegende Bereiche der Bewehrung erfassen.
An Betonkonstruktionen, die aufgrund ihrer Lage Meerwasser, salzhaltiger Meeresluft oder regelmäßig Tausalzen ausgesetzt sind, besteht generell ein hohes Risiko für eine erhöhte Bewehrungskorrosion durch Chlorid-Einwirkung.
Das Ausmaß und die Geschwindigkeit von Chlorid-induzierter Korrosion hängt ganz wesentlich von der Temperatur und Luftfeuchtigkeit ab. Die JRC-Studie geht zwar davon aus, dass die Auswirkung des Klimawandels durch Chlorid-induzierte Korrosion an Stahlbetonkonstruktionen geringer ist als im Fall der Karbonatisierung, aber immer noch beträchtlich sein wird.
Nachhaltige Gebäude essenzielles Ziel des Green Deals
Der Bausektor als wirtschaftliches und industrielles Schwergewicht hat für die EU eine große strategische Bedeutung zur Erreichung der Klimaziele. Als größter industrieller Arbeitgeber in Europa ist er derzeit für über 35 Prozent der gesamten Abfallerzeugung in der EU verantwortlich und für 5 bis 12 Prozent der gesamten nationalen Treibhausgasemissionen. Durch eine höhere Materialeffizienz könnten 80 Prozent dieser Emissionen eingespart werden, heißt es in der EU-Studie.
Die Schaffung der Voraussetzungen für eine nachhaltigere Infrastruktur und von nachhaltigeren Gebäuden sei deshalb ein essenzielles Ziel des Europäischen Green Deals. Dies beinhalte auch, dass zukünftige Infrastrukturen und Gebäude klimaresilienter werden müssen, um erhöhten Belastungen bedingt durch den Klimawandel standhalten zu können. Um dies in die Praxis umsetzen zu können, müssten sich zukünftige Belastungen in den Regelwerken widerspiegeln und die Bauweisen entsprechend angepasst werden.
Gemäß der JRC-Studie gilt es, die Eurocodes als zentrale europäische Normen für den Bausektor bezüglich klimabedingter Belastungen und klimaresilienter Bauweisen zu überarbeiten. Im Hinblick auf die Verhinderung von Korrosion an Stahlbetonkonstruktionen empfiehlt das JRC-Papier den Einsatz von feuerverzinktem Betonstahl. Denn: Die Verwendung feuerverzinkter Betonstähle verbessere die Dauerhaftigkeit von chloridbelastetem und karbonatisiertem Beton deutlich. Aufgrund dessen positiven Eigenschaften sehe bereits jetzt die Bauaufsichtliche Zulassung für feuerverzinkte Baustähle in den Expositionsklassen XC1 bis XC4 sogar die Möglichkeit einer Reduzierung der Betondeckung vor.
Die gesamte Studie des Joint Research Centers (JRC) der EU steht hier zum kostenlosen Download bereit.
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