Einem Bericht des ARD-Studios Brüssel zufolge hat das Europaparlament das EU-Klimaziel bis 2030 offiziell verschärft. Der CO2-Ausstoß soll im Vergleich zu 1990 nunmehr um 60 Prozent sinken. Und damit noch stärker als die EU-Kommission vor kurzem gefordert hatte. Die deutsche Industrie zeigt sich besorgt.
Für die Unternehmen bedeute ein verschärftes Klimaziel eine weitere Zusatzbelastung, hatte kurz zuvor bereits der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) gewarnt. Zwar stellte dessen Präsident Eric Schweitzer klar, dass die Wirtschaft zu einem ambitionierten und globalen Klimaschutz stehe. „In Zukunft werden viele Unternehmen ihre eigenen Anstrengungen daher noch verstärken“, sagte er. Weitergehende Klimaziele bis 2030 erfülle die Wirtschaft jedoch mit Sorge.
DIHK: Wachstumschancen durch EU-Klimaziel „bislang nicht ersichtlich“
Sicher sei derzeit nur, dass diese Verschärfung des EU-Klimaziels „zu höheren Kosten und strengeren Vorgaben für viele Unternehmen führen wird“, warnt Schweitzer. „Wie sich hieraus Wachstumschancen ergeben sollen, ist bislang nicht ersichtlich.“ Dies gelte insbesondere, solange Europa in der in der Welt im Alleingang voranschreite und europäische Unternehmen auf den Weltmärkten dadurch wachsende Nachteile hätten.
Ebenso hatte zuvor der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die wachsende Kluft zwischen politischer Ambition und praktischer Umsetzbarkeit bemängelt. „Schon um das bestehende EU-Klimaziel einer Emissionsminderung von 40 Prozent bis 2030 zu erreichen, müssten alle 27 EU-Staaten ihre Klimaschutzanstrengungen ab sofort nahezu verdreifachen”, erklärte BDI-Präsident Dieter Kempf.
Zudem, so DIHK-Präsident Schweitzer, fehlten oft die Alternativen im Bereich erneuerbare Energie, die es Unternehmen ermöglichen würden, klimafreundlicher zu produzieren. „Die Betriebe brauchen dazu kostengünstigen und nachhaltigen Strom in deutlich größerem Umfang und zugleich immense Mengen an CO2-armen Wasserstoff“, gibt der DIHK-Präsident zu bedenken. Immer höhere Ziele zu fixieren wäre nur dann nachhaltig, wenn die EU genau zu diesen Fragen gleichzeitig konkrete Antworten vorlegt, kritisierte er.
Ähnlich sieht es Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl: „Ein Festlegen immer höherer Klimaziele, ohne dass Wege und Instrumente zur Erreichung aufgezeigt werden, darf nicht zum Bumerang für den Klimaschutz werden“, so Kerkhoff in einem Statement vom 8. Oktober. Das Ziel könne seitens der Stahlindustrie nur erreicht werden, „wenn geeignete politische Rahmenbedingungen die gewaltigen Investitionen in CO2-arme Technologien flankieren“.
Auch die Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen reiche dem BDI zufolge nicht aus: „Die Unternehmen brauchen auch den finanziellen Spielraum, um die immensen Investitionen in neue Technologien und Innovation schultern zu können“, meint Schweitzer. Anstelle massive neuer Belastungen seien gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie „investitionsfördernde Entlastungen erforderlich“.
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