In einem gemeinsamen Projekt haben drei Industrievertreter – darunter Thyssenkrupp Steel Europe – eine Machbarkeitsstudie zum Einsatz von „blauem Wasserstoff“ abgeschlossen. Damit gelingt ein wichtiger Schritt hinsichtlich des Ziels, eine nahezu klimaneutrale Stahlproduktion zu ermöglichen.
Deutschland will bis 2050 weitgehend treibhausgasneutral sein – ohne dabei seine Wirtschafts- und Innovationskraft sowie die Versorgungssicherheit zu gefährden. Viele Experten sind davon überzeugt, dass Wasserstoff hierbei eine wesentliche Rolle spielen wird. Aber wo kommt die klimaneutrale Energie in der Zukunft her? Diese Frage wollen das norwegische Energieunternehmen Equinor und der Erdgaslieferat OGE in ihrem gemeinsamen Projekt „H2morrow“ beantworten.
Blauer Wasserstoff: Lieferung „technisch möglich“
In einer Zusammenarbeit mit Thyssenkrupp Steel Europe haben die Partner nun eine Machbarkeitsstudie abgeschlossen. Darin prüften sie die Möglichkeit, das Werk des Stahlherstellers in Duisburg mit „blauem“ Wasserstoff aus Erdgas zu beliefern, um so kurz- und mittelfristig eine „deutliche CO2-Reduktion durch eine nahezu klimaneutrale Stahlproduktion“ zu ermöglichen. Die Option soll als Zwischenlösung dienen, bis andere Arten von Wasserstoff – vor allem „grüner“, ausschließlich mit erneuerbaren Energien erzeugter – in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die dekarbonisierte Herstellung von blauem Wasserstoff und die Belieferung von Deutschlands größtem Stahlwerk technisch möglich sind. Grundannahme der Untersuchung war die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas und eine dauerhafte Offshore-Lagerung des im Verfahren anfallenden CO2. Nun wollen die Partner weitere Details erarbeiten, um die Grundlage für mögliche Investitionsentscheidungen zu schaffen. Die gesamte Wertschöpfungskette des Projekts, heißt es, könne aber frühestens 2027 realisiert werden.
Auf Basis von Marktprognosen externer Marktanalysten schätzt die Studie den Preis für blauen Wasserstoff auf etwa 2,10 Euro/kg (entspricht 58 Euro/MWh) bei einem voraussichtlichen zukünftigen und langfristigen durchschnittlichen Erdgaspreis von 23 Euro/MWh).
Drei Optionen für Produktionsstandorte im Gespräch
Drei Standorte bestätigte die Studie als für die Wasserstoffproduktion prinzipiell geeignet. Einer befände sich demnach an der holländischen Küste in Eemshaven und zwei weitere an der deutschen Nordseeküste. Mit Blick auf die Produktionskapazität untersuchten die Partner zwei Szenarien: 1,4 und 2,7 Gigawatt (GW). Für letzteres bedarf es nach eigenen Angaben einer weiteren technischen Detaillierung sowie einer zusätzlichen Bewertung des verfügbaren Platzes.
Für den Transport von Wasserstoff hätten sich alle Optionen, die nicht auf Pipelines basieren, als unwirtschaftlich erwiesen. Laut Studie seien die Kosten für den Pipelinetransport im Vergleich zu den Produktionskosten gering. Der Transport per Schiff komme ebenfalls in Frage.
Auch mit Blick auf die Lagerung von CO2, das bei der Herstellung anfällt, liefert die Studie erste Ergebnisse. Als potenzielle Lagerstätten betrachtete sie unter anderem die Projekte „Porthos“ vor der Küste von Rotterdam oder „Northern Lights“ in Norwegen, wobei letzteres als am weitesten fortgeschritten gilt.
„Blauer Wasserstoff kann ein Katalysator sein“
Die an „H2morrow“ beteiligten Unternehmen sind überzeugt, dass blauer Wasserstoff als verlässliche und verfügbare Technologie das Potenzial aufweist, den europäischen Wasserstoffmarkt zu erschließen. Insbesondere mit Blick auf die ehrgeizigen Klimaziele der EU, könne der Energieträger eine wichtige Rolle spielen, heißt es in einem gemeinsamen Statement. Große Mengen dessen seien insbesondere dann hilfreich, wenn es um die Schaffung einer grundsätzlich notwendigen Wasserstoffpipeline-Infrastruktur und Wasserstoffwirtschaft gehe. „Blauer Wasserstoff ergänzt somit die anderen Wasserstoffproduktionstechnologien und kann ein Katalysator dafür sein“, so das Projektkonsortium.
Quelle, Foto: Thyssenkrupp, Redaktion: nr