Lhoist Germany will eigenen Angaben zufolge rund eine Million Tonnen CO2 vermeiden, um die Produktion grünen Stahls mit klimaneutralem Kalk zu unterstützen. Zusammen mit Air Liquide arbeitet das Unternehmen am Plan einer großindustriellen Anlage zur Abscheiden des bei der Kalkproduktion entstehenden Kohlendioxids. Von dem neuen Grundstoff profitieren soll thyssenkrupp Steel. Für den Stahlerzeuger ist grüner Kalk ein weiterer wichtiger Baustein bei der Transformation.
Die drei Unternehmen stellten das Projekt am 15. Februar der NRW-Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur in Wülfrath vor. „Ich freue mich, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern Air Liquide und thyssenkrupp Steel eng zusammenarbeiten, um die Transformation des Stahlstandorts Duisburg voranzutreiben“, sagte Thomas Perterer, Geschäftsführer von Lhoist Germany. Das gelinge nur im Schulterschluss aus Industrie, Politik und Gesellschaft. „Denn ebenso wie für Wasserstoff müssen wir eine CO2-Infrastruktur schaffen und Lösungen für unvermeidbare Emissionen entwickeln. Damit können wir den Industriestandort NRW enkelsicher in die Zukunft führen“, so Perterer.
Klimaneutraler Kalk: Grundstoff für die Stahlproduktion
Kalk wird in zahlreichen industriellen Wertschöpfungsketten benötigt. Bei der Stahlherstellung sind Kalkprodukte unverzichtbar, um störende Begleitelemente aus dem Roheisen zu entfernen und in der kalkstämmigen Konverterschlacke zu binden. Die Herstellung grünen Stahls setzt somit grünen Kalk voraus. Eine besondere Herausforderung, da bei der Kalkproduktion CO2-Emissionen entstehen, die unvermeidbar sind. Diese Emissionen sollen in Zukunft abgeschieden und industriell weiterverwertet oder gespeichert werden.
Dr. Arnd Köfler, Chief Technology Officer bei thyssenkrupp Steel: „Wir setzen mit dem Bau unserer ersten wasserstoffbasierten DR-Anlage einen Meilenstein für die direkte Vermeidung von 3,5 Millionen Tonnen CO2. Und auch die Dekarbonisierung der gesamten Lieferkette Stahl macht Fortschritte. Dieses Projekt hier am größten europäischen Kalkstandort ist ein perfektes Beispiel dafür. Ich freue mich, dass wir mit Lhoist einen Lieferanten in langjähriger Partnerschaft haben, der mit diesem ambitionierten Vorhaben vorangeht und die Transformation unterstützt.“
„Tragfähige CO2-Infrastruktur unabdingbar“
Erst kürzlich haben thyssenkrupp Steel und Air Liquide die Fertigstellung der ersten Pipeline zur Versorgung von Deutschlands größtem Stahlwerk mit Wasserstoff aus erneuerbaren Energien verkündet. Für die weitere Dekarbonisierung der Industrie sei aber auch der parallele Aufbau einer tragfähigen CO2-Infrastruktur unabdingbar, sagte Gilles Le Van, Vice President Large Industries und Energy Transition für Air Liquide Central Europe: „Unvermeidbare CO2-Emissionen aus der Kalkherstellung können mit unserer Technologie abgeschieden und dann sicher transportiert, wiederverwendet oder gespeichert werden. Dafür müssen wir aber bereits heute den Aufbau einer CO2-Infrastruktur angehen. Je entschlossener wir jetzt handeln, desto schneller erreichen wir auch effektiven Klimaschutz in der Industrie.“
Klimaschutz in der Industrie ist das Kernthema von Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Erst im Dezember hatte die Ministerin federführend für die nordrhein-westfälische Landesregierung den „Industriepakt für Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit“ mit rund 20 Industrieunternehmen sowie 11 Branchen- und Technologieverbänden geschlossen, darunter auch Lhoist. Der Besuch der Ministerin in Europas größtem Kalkwerk in Wülfrath-Flandersbach stand daher ganz im Zeichen der Frage, wie die industrielle Transformation zur Klimaneutralität in der Praxis funktionieren kann.