Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck war gestern zu Besuch bei Thyssenkrupp Steel Europe. Der Minister hat sich über den Stand des Dekarbonisierungsprojektes „tkH2Steel“ informiert und die kumulierte Förderzusage in Höhe von rund 2 Mrd. Euro bestätigt. Der offizielle Zuwendungsbescheid wird in den nächsten Tage übersandt. Gemäß der Zahlen auf dem symbolischen Förderbescheid beteiligt sich das Land Nordrhein-Westfalen an der Gesamtförderung mit nicht ganz 600 Mio. Euro. Auch Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur war vor Ort.
Nachdem in der vergangenen Woche die EU-Kommission die Förderung des Dekarbonisierungsprojektes „tkH2Steel“ beihilferechtlich genehmigt hat, ist mit der Zusage der Bundesregierung beim gestrigen Event auf dem Baufeld des künftigen Anlagenparks die letzte Hürde für die Förderung des Transformationsprojektes genommen worden und der Startschuss für eines der weltweit größten Dekarbonisierungsprojekte gefallen. Gefördert werden insbesondere die innovative Anlagentechnik und der frühzeitige Verzicht auf Erdgas. Dadurch soll einerseits schnell viel CO2 eingespart werden. Andererseits soll „tkH2Steel“ zu einem Motor der europäischen Wasserstoffwirtschaft und somit zum Ankerpunkt für Investitionen in den raschen Aufbau einer grenzübergreifenden Wasserstoffinfrastruktur werden. Die Eigeninvestitionen seitens Thyssenkrupp liegen bei knapp einer Milliarde Euro. Bereits Anfang des Jahres, nach der Gewährung des vorgezogenen Maßnahmenbeginns, hat Thyssenkrupp Steel die SMS group aus Düsseldorf beauftragt. Der metallurgische Anlagenbauer kümmert sich um Engineering, Lieferung und Bau des Anlagenkomplexes.
Einzigartige und innovative Anlagenkombination bei Thyssenkrupp Steel
Kern des Konzeptes „tkH2Steel“ ist die Integration einer technologisch neuen Anlagenkombination in das größte europäische Hüttenwerk. Die 100% wasserstofffähige Direktreduktionsanlage mit zwei Einschmelzern und einer Produktionskapazität von 2,5 Millionen Tonnen direkt reduziertem Eisen pro Jahr (daraus werden 2,3 Millionen Tonnen Roheisen) ist in dieser technologischen Konzeption die erste Anlagenkombination ihrer Art weltweit. Dadurch wird Thyssenkrupp Steel zum Wegbereiter für die Dekarbonisierung der Stahlwertschöpfungskette in Europa und garantiert unter anderem unverzichtbare Spezialwerkstoffe für das Gelingen der Energie und Mobilitätswende. Das innovative Konzept ermöglicht die Beibehaltung aller nachfolgenden Prozessschritte ab dem Stahlwerk und gewährleistet damit auch für CO2-reduzierten Stahl eine gleichbleibend hohe Produktqualität. Die Kunden erhalten weiterhin das komplette, hochwertige Produktportfolio in der gewohnten Premiumqualität.
Ambitionierter Wasserstoffhochlauf initiiert Aufbau grenzübergreifender Wasserstoffökonomie
Mit einer jährlichen Einsparung von bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2 – das sind bereits knapp fünf Prozent der Emissionen des Ruhrgebietes – ist die Direktreduktionsanlage unentbehrlich, um die Klimaziele zu erreichen und zugleich die wirtschaftliche Resilienz des Industriestandorts Deutschland zu sichern. Denn Schlüssel des Transformationsprojektes ist der äußerst ambitionierte Hochlauf des Wasserstoffeinsatzes, mit dem schnell große Mengen CO2 eingespart werden. Betrieben wird die Anlage bereits 2029 planmäßig mit rund 143.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Der Strombedarf zur Herstellung dieser Wasserstoffmenge entspricht der Erzeugung von ca. 500 Windrädern bzw. 60 Prozent des Strombedarfs der Stadt Hamburg. Die Inbetriebnahme soll ab Ende 2026 erfolgen.
Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
„Heute ist ein guter Tag für das Klima, die grüne Industrie in Deutschland, für den Standort Duisburg, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich freue mich sehr, Thyssenkrupp die feste Förderzusage über rund zwei Milliarden Euro heute geben zu können. Das Unternehmen zeigt mit seinem sehr ambitionierten Projekt, dass es durch konsequenten Einsatz von Wasserstoff möglich ist, den Stahlsektor als größten industriellen CO2-Emittenten in Deutschland zu dekarbonisieren. Gleichzeitig signalisieren wir, dass Stahlindustrie in Deutschland eine Zukunft hat und sichern so langfristig Arbeitsplätze. Mit unserer substanziellen Förderung kann Thyssenkrupp dieses Leuchtturmprojekt umsetzen und einen entscheidenden Schritt auf dem Transformationsweg zu grünem Stahl gehen.“
Stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur
„Nordrhein-Westfalen ist der Stahlstandort Nummer 1 in Deutschland. Und das Herz der nordrhein-westfälischen Stahlindustrie schlägt in Duisburg. In NRW setzen sich tagtäglich über 45.000 Menschen mit ihrer Hände Arbeit dafür ein, den unverzichtbaren Werkstoff Stahl so herzustellen, dass er höchsten Qualitätsanforderungen genügt. Sie schaffen damit die Grundlage für nachhaltige Innovationen in vielen industriellen Bereichen. Es muss daher in unser aller Sinne sein, dieses Herz aus Stahl im Takt zu halten. Langfristig zuverlässig schlagen wird es allerdings nur, wenn dieses Herz eine grüne Zukunft hat. Mit der nun endlich vorliegenden beihilferechtlichen Genehmigung der EU-Kommission zur gemeinsamen Förderung des Projektes tkH2Steel durch Bund und Land wird die Stahlproduktion hier am Standort Duisburg schon sehr bald sehr viel klimafreundlicher werden.
Dies ist ein Meilenstein für Nordrhein-Westfalen auf dem Weg zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas. Ich bin Robert Habeck und seinem Team im Bundeswirtschaftsministerium sehr dankbar für den unermüdlichen Einsatz in dieser Sache. Ohne die vielen Stunden Arbeit, die der Bund in die Gespräche mit der Kommission investiert hat, wäre dieses Ergebnis so nicht realisiert worden.“
Miguel Ángel López Borrego, Vorstandsvorsitzender der Thyssenkrupp AG
„Wir danken der Bundes- und der Landesregierung für die entschlossene Unterstützung bei der grünen Transformation unserer Stahlproduktion. Thyssenkrupp, Nordrhein-Westfalen und Deutschland werden damit zum Vorreiter für eine klimaneutrale Stahlproduktion. Das ist ein guter Tag für den Klimaschutz und ein wichtiger Meilenstein für den Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft in Deutschland. Thyssenkrupp kann zum Gelingen dieser Transformation viel beitragen. So verfügen wir neben dem Stahl über Technologien für den Ausbau der erneuerbaren Energien wie auch für die Herstellung und den Transport von Wasserstoff. Damit können wir wesentliche Stufen zukünftiger grüner Wertschöpfungsketten bedienen. Diese Chancen werden wir konsequent nutzen.“
Bernhard Osburg, Vorstandsvorsitzender der Thyssenkrupp Steel Europe AG
„Wir bedanken uns ausdrücklich bei der Bundesregierung und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen für die substanzielle Förderung unseres Projekts „tkH2-Steel“. Unser Projekt leistet Pionierarbeit bei der Dekarbonisierung der Stahl-Wertschöpfungskette und treibt den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus voran. Mit der Entscheidung für die Direktreduktionsanlage in Duisburg bauen wir technologische Expertise auf, die zum Erhalt europäischer Technologiekompetenz beitragen wird. Wir sind stolz darauf, mit der Unterstützung von Bund und Land einen wichtigen Beitrag zu den deutschen und europäischen Klimazielen zu leisten und die Vision eines Industriestandorts wirklich werden zu lassen, der Fortschritt, Wohlstand und Klimaschutz miteinander vereint.“
Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Thyssenkrupp Steel Europe AG
„Die Förderung ist ein starkes und zukunftsweisendes Signal für unsere mehr als 26.000 Kolleginnen und Kollegen und den Stahlstandort Duisburg. Sie unterstreicht darüber hinaus auch das Bekenntnis zur Notwendigkeit einer zukunftsfähigen grünen Stahlindustrie als Herzstück der nordrheinwestfälischen Wirtschaft. Denn Stahl ist und bleibt Zukunftsmotor der Region und bietet wichtige Arbeits- und Ausbildungsplätze. So schaffen wir durch den Bau unseres Anlagenparks über 400 hochwertige Industriearbeitsplätze in einer zukunftsfähigen Technologie, begleitet von einem Aufbau zukunftsweisender Ausbildungskonzepte. Gemeinsam sind wir nun auf dem Weg in eine grünere, nachhaltigere Zukunft für kommende Generationen.“
Foto: Thyssenkrupp Steel Europe