In Deutschland nimmt die grüne Stahlindustrie allmählich Gestalt an: Die Salzgitter AG nahm am vergangenen Donnerstag im offiziellen Rahmen die erste Sektorkopplung in Betrieb, die künftig grünen Wasserstoff für die Stahlherstellung bereitstellen soll.
Die Salzgitter AG, Avacon und Linde haben einen wichtigen Schritt auf dem Weg in die Dekarbonisierung der Stahlindustrie vollzogen. Mit der Inbetriebnahme des in Deutschland einzigartigen Sektorkopplungsprojektes „Windwasserstoff Salzgitter – WindH2“ soll auf dem Gelände des Hüttenwerks in Salzgitter künftig grüner Wasserstoff mit Strom aus Windenergie erzeugt werden. Die neu errichteten Anlagen wurden am 11. März in Salzgitter der Öffentlichkeit vorgestellt.
„Wir sind stolz darauf, Vorreiter der industriellen Nutzung von grünem Wasserstoff in der Stahlindustrie zu sein. Wie mit unserem SALCOS-Projekt aufgezeigt, sind wir technologisch in der Lage, mittels Wasserstoff signifikante CO2-Reduzierungen zu erzielen. Die bislang in Deutschland einzigartige Sektorkopplung „Windwasserstoff Salzgitter- WindH2“ ist ein bedeutender Baustein auf dem Weg in eine klimafreundliche Stahlproduktion“, betonte Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsitzender der Salzgitter AG, auf der Eröffnungsveranstaltung.
Konkret betreibt nunmehr Avacon, ein Unternehmen der E.ON-Gruppe, auf dem Gelände der Salzgitter AG sieben neu errichtete Windkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 30 Megawatt. Die Gesellschaft Salzgitter Flachstahl hat zentral auf dem Werksgelände zwei Siemens 1,25 Megawatt-PEM-Elektrolyse-Einheiten installiert, die pro Stunde 450 Kubikmeter hochreinen Wasserstoff erzeugen sollen. Schon heute werde in der Stahlherstellung Wasserstoff für Glühprozesse in den Feuerverzinkungsanlagen eingesetzt, so Salzgitter in einem Pressestatement. Der Industriegasproduzent liefere das Gas zurzeit per Lkw und werde auch künftig die kontinuierliche Versorgung des Bedarfs absichern. Sämtliche Anlagen befänden sich derzeit im Probebetrieb.
WindH2: Hintergrund
Das Projekt WindH2 bildet einen zentralen Baustein des von der Salzgitter AG entwickelten Technologiekonzepts „SALCOS“ (Salzgitter Low CO2-Steelmaking). Letzteres beschreibt nach Angaben des Stahlherstellers „den effizientesten und zeitnah umsetzbaren Weg zur Reduzierung von CO2-Emissionen, langfristig sogar zu einer fast CO2-freien Stahlherstellung“. Das Unternehmen will in diesem Rahmen mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff den bislang für die Verhüttung von Eisenerzen erforderlichen Kohlenstoff substituieren. Dafür, so Salzgitter, müssen die bislang betriebenen drei Hochöfen schrittweise durch eine Kombination aus Direktreduktionsanlagen und Elektrolichtbogenöfen ersetzt werden. Über eine solche Transformation der Stahlerzeugung könnten deren CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um etwa 95 Prozent verringert werden.
Die Kosten für das gesamte Projekt – Errichtung der Windräder und der Wasserstoffanlagen inklusive deren Einbindung in die bestehenden Leitungsnetze – belaufen sich auf rund 50 Millionen Euro. Der Bau der Elektrolyse wurde von der KfW-Bank gefördert.
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