Unter dem Namen „GET H2“ wollen zahlreiche Unternehmen eine Wasserstoffwirtschaft mit Erzeugung, Transport, Speicherung und industrieller Abnahme von grünem Wasserstoff starten. Das Konzept steht – für eine erfolgreiche Umsetzung seien nun regulatorische Änderungen aus Politik und Wirtschaft notwendig.
Sieben Unternehmen aus der Initiative „GET H2“ wollen eine grenzüberschreitende Infrastruktur für Wasserstoff aufbauen – angefangen bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff über den Transport bis hin zur industriellen Nutzung. Erklärtes Ziel ist es, durch den Einsatz von grünem Wasserstoff in Raffinerien, in der Stahlproduktion und für weitere industrielle Nutzung „bis 2030 CO2-Emissionen von bis zu 16 Millionen Tonnen“ zu vermeiden. Von Lingen (Emsland) bis nach Gelsenkirchen und von der niederländischen Grenze bis nach Salzgitter sollen Erzeugung, Transport, Speicherung und industrielle Abnahme von grünem Wasserstoff in mehreren Schritten zwischen 2024 und 2030 unter dem Dach des Gesamtprojektes verbunden werden.
Für das Projekt kooperieren die Unternehmen bp, Evonik, Nowega, OGE, RWE, Salzgitter Flachstahl und Thyssengas. Vor kurzem haben die Partner eine Interessenbekundung für eine Förderung im Rahmen des IPCEI-Programms beim Bundeswirtschaftsministerium eingereicht.
GET H2: Das Projekt im Überblick
In Lingen (Emsland) erzeugt RWE über eine Elektrolyse grünen Wasserstoff, womit der Energiekonzern ab 2024 die bp Raffinerie in Gelsenkirchen versorgen will. Der Transport soll größtenteils über bestehende Leitungen des Gasnetzes (in der Infografik orange dargestellt) erfolgen, die die Unternehmen auf Wasserstofftransport umstellen wollen. 2025 ist die Erweiterung des Netzes bis zur niederländischen Grenze geplant, 2026 soll durch RWE ein Kavernenspeicher in Gronau-Epe integriert werden. Das System stütze sich auf die Stromerzeugung aus Windenergie, geht es aus einem Pressestatement des Konsortiums hervor. So könne es zusätzlich einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Bis 2030 soll das Netz bis zum Stahlwerk Salzgitter ausgebaut sein und gegebenenfalls an weitere Netze (hellblau dargestellt) anknüpfen.
Gemeinschaftlich könne das Gesamtprojekt die wesentlichen Bausteine der Wertschöpfungskette des grünen Wasserstoffs abbilden, heißt es vonseiten der Initiative. Letzteres beabsichtigt mit den Maßnahmen, die Basis für eine „leistungsfähige europäische Gasinfrastruktur für Wasserstoff“ zu bilden. Die Anknüpfung an den niederländischen Gasmarkt lege dabei den Grundstein für einen transeuropäischen Wasserstoffmarkt. Zudem sei eine Erweiterung des Projekts durch Partner aus dem Verkehrssektor für die Verteilung des Wasserstoffs bereits in der Vorbereitung. Weitere Partner von GET H2 hätten ebenfalls Interessensbekundungen für die IPCEI-Förderung von Projekten, die den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur zum Ziel haben, eingereicht.
Änderung der politischen Rahmenbedingungen erforderlich
Die beteiligten Unternehmen betonen aber auch, dass die Pläne „nur mit dem notwendigen regulatorischen Rahmen“ umsetzbar seien. Derzeit im Fokus stehe vor allem die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Der vom Bundeskabinett Anfang Februar beschlossene Entwurf greift nach Überzeugung der Unternehmen zu kurz. So sei dort keine übergreifende Regulierung von Gas- und Wasserstoffnetzen mit einem einheitlichen Gas- und Wasserstoffnetzentgelt vorgesehen. Das wäre jedoch die beste Lösung, um eine einheitliche und diskriminierungsfreie Nutzung der Wasserstoffinfrastruktur zu tragfähigen Konditionen zu ermöglichen. Durch das IPCEI-Programm könne zwar der Netzaufbau in Teilen finanziert werden. Die Finanzierung des Netzbetriebs bedürfe jedoch einer langfristigen Lösung der Entgeltfrage im EnWG.
Darüber hinaus seien weitere politische Schritte notwendig, um Anreize für die Verwendung des grünen Wasserstoffs in der Industrie zu schaffen. Durch die im Bundeskabinett beschlossene nationale Umsetzung der EU Renewable Energy Directive 2 (RED 2) Ende Dezember sei ein wichtiger Schritt erfolgt, um durch entsprechende Nachfrage im Verkehrssektor für Raffinerien einen zügigen Einsatz des grünen Wasserstoffs wirtschaftlich zu ermöglichen. Noch ausstehend sei hier die Definition der Strombezugskriterien. Auch für die im Dezember im Rahmen der EEG-Novelle beschlossene Umlagebefreiung des in der Elektrolyse eingesetzten grünen Stroms müssten die Kriterien noch ausgearbeitet werden.
Für die Stahlindustrie sei ein anderer Förderweg nötig, da hier die RED 2 nicht greife. Entsprechende Fördermodelle wie etwa sogenannte „Carbon Contracts for Difference“ (CCfD), die den Einsatz von CO2-freiem oder CO2-armem Stahl begünstigen, seien zwar in der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung angekündigt. Die gesetzliche Umsetzung stehe aber noch aus.
Einen Überblick über GET H2, die Idee, das erste Projekt GET H2 Nukleus sowie die notwendige Begleitung durch die Politik gibt es hier zum Download.
Quelle, Foto: GET H2, Beitragsbild: Alexander Limbach/Shutterstock