Nach zwei Quartalen mit steigenden Umsätzen und Aufträgen bleibt Thyssenkrupp für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr zuversichtlich, sieht die Dynamik aber derzeit gedämpft. Im Stahlbereich ist es dem Konzern gelungen, tiefgreifende Verluste einzudämmen.
Thyssenkrupp konnte im 2. Quartal (Januar bis März) des laufenden Geschäftsjahres 2020/21 an die gute Geschäftsentwicklung des 1. Quartals anknüpfen. So stiegen die Auftragseingänge der Unternehmensgruppe um 14 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum auf insgesamt 8,6 Milliarden Euro. Auch der Umsatz verzeichnete ein Plus von 4 Prozent und stieg im 2. Quartal ebenfalls auf 8,6 Milliarden Euro (Vorjahr: 8,2 Milliarden Euro). Das Bereinigte EBIT betrug 220 Millionen Euro und lag damit deutlich über dem Vorjahreswert von minus 279 Millionen Euro. Zu diesem Ergebnisanstieg haben nahezu alle Segmente mit ihren Ergebnisverbesserungen beigetragen. Positive Effekte aus den Restrukturierungs- und Effizienzmaßnahmen haben diese Entwicklung unterstützt.
Für den Stahlabsatz des Konzerns ist der Anteil der Automobilindustrie relativ hoch. Mehr als die Hälfte des produzierten Materials verkauft Thyssenkrupp über langfristige Verträge. Daher spüre das Unternehmen die Auswirkungen von Produktionsunterbrechung bei den Automobilherstellern aufgrund der weltweiten Knappheit von Halbleitern, „aber auch aufgrund anderer logistischer Probleme“, sagte Thyssenkrupp-Finanzvorstand Klaus Keysberg in einer Telefonkonferenz. Ihm zufolge werde die Nachfrage zwar langfristig hoch bleiben. Aus den genannten Gründen seien die Erwartungen für das laufende Quartal jedoch „eher bescheiden“, so Keysberg.
Thyssenkrupp Steel Europe künftig eigenständiges Unternehmen?
Im 2. Quartal des laufenden Geschäftsjahres stiegen Auftragseinfang und Umsatz von Thyssenkrupp Steel Europe gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro beziehungsweise um 8 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Infolge von Nachholeffekten – vor allem seitens der Automobilindustrie – sowie hoher Nachfrage im Zuge von Lagerergänzungen insbesondere bei Endverarbeitern zog die Geschäftsentwicklung weiter an. Das Bereinigte EBIT verbesserte sich deutlich auf 47 Millionen Euro (Vorjahr: minus 181 Millionen Euro). Gründe dafür sind die höhere Auslastung der Aggregate verbunden mit einem verbesserten Produktmix und positiver Erlösentwicklung sowie erste Effekte aus der laufenden Restrukturierung.
Nach zwei gescheiterten Anläufen für eine Fusion der Stahlsparte will Thyssenkrupp nun daran arbeiten, den Geschäftsbereich zu verselbstständigen. Zu den Überlegungen gehört ein möglicher Börsengang, die Weiterführung als eigenständiges Tochterunternehmen oder eine Fusion. Die jüngsten Versuche, das Stahlgeschäft mit Tata Steel oder Liberty Steel zusammenzulegen, gingen erfolglos aus. Vor allem mit dem letzteren Partner seien „sowohl preisliche als auch strukturelle Fragen nie richtig vorangekommen“, sagte Keysberg. Er verwies nunmehr auf die ambitionierten Pläne für eine große Technologieumstellung im Werk von Thyssenkrupp Steel in Duisburg, die den Bau von Direktreduktionsanlagen vorsieht. Er betonte aber auch, dass die Stahlindustrie für die Transformation hin zu „grünem“ Stahl finanzielle Unterstützung von der Regierung benötigen wird.
Materials Services profitiert von hohen Stahlpreisen
Bei der Distributionssparte Thyssenkrupp Materials Services stieg der Auftragseingang im 2. Quartal um 9 Prozent, während der Umsatz aufgrund von Lieferengpässen mit minus 3 Prozent noch knapp unter dem Vorjahr lag. Das Bereinigte EBIT schloss mit 126 Millionen Euro deutlich über dem Vorjahr (29 Millionen Euro) ab. Ausschlaggebend dafür waren die durch die Materialknappheit gestiegenen Fertig- und Edelstahlpreise. Zudem verweist der Konzern auf seine fortlaufende Netzwerkoptimierung. Seit 2019 hat das Segment die Zahl der Logistikstandorte um 39 reduziert, davon fallen fünf auf das Berichtsquartal.
Ergebnisprognose erneut angehoben
Für das laufende Geschäftsjahr geht Thyssenkrupp von einer weiter anhaltenden Erholung und sichtbaren strukturellen Verbesserung der Geschäfte aus. Nach der positiven Entwicklung im 1. Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres rechnet der Konzern damit, dass sich diese Entwicklung auch im 2. Halbjahr fortsetzen wird – allerdings mit gedämpfter Dynamik.
Vor dem Hintergrund hat das Unternehmen seine Jahresprognose in entsprechenden Bandbreiten erneut angehoben: Der Umsatz werde – insbesondere in Abhängigkeit vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie – im niedrigen zweistelligen Prozentbereich wachsen, jedoch noch deutlich unter dem Vorkrisen-Niveau bleiben (bisherige Prognose: Wachstum im hohen einstelligen Prozentbereich; Vorjahr: 28,9 Milliarden Euro).
Für das Bereinigte EBIT rechnet Thyssenkrupp infolge der erwarteten Verbesserungen in allen Segmenten mit einer signifikanten Steigerung hin zu einem positiven Ergebnis in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrages (bisher: nahezu ausgeglichenes Ergebnis; Vorjahr: pro forma minus 1,8 Milliarden Euro).
Quelle, Foto: Thyssenkrupp