Thyssenkrupp Steel hat die erste Phase der Wasserstoffversuche am „Hochofen 9“ in Duisburg abgeschlossen. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen dabei wichtige Erkenntnisse gesammelt, um die Versuche im nächsten Schritt in den industriellen Großeinsatz zu übertragen.
Am 11. November 2019 hat thyssenkrupp Steel als erstes Unternehmen weltweit Wasserstoff in einen laufenden Hochofen eingeblasen. Der Wasserstoff ersetzt dabei Kohlenstaub als zusätzliches Reduktionsmittel. Das Ziel: CO2-Emissionen reduzieren – denn im Gegensatz zu Kohlenstoff reagiert der Wasserstoff im Hochofen nicht zu CO2, sondern zu Wasser. Das Projekt wird vom Land NRW im Rahmen der Initiative IN4climate.NRW gefördert, vom VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI) wissenschaftlich begleitet und von Air Liquide durch die Bereitstellung von Wasserstoff unterstützt.
Wasserstoffeinsatz: Versuche bestätigen industrielle Eignung
Im Mittelpunkt der ersten Versuchsphase standen insbesondere Bemühungen, mehr über die Anlagentechnik unter den Bedingungen des Wasserstoffeinsatzes zu erfahren. Dafür erprobte Thyssenkrupp Steel das Einblasen des Gases an einer der 28 Blasformen des „Hochofens 9“ am Duisburger Standort. Dank kontinuierlicher Datenerhebungen und -analysen während der teils 24 Stunden daernden Tests konnte das Team zahlreiche Informationen sammeln, berichtet das Unternehmen – darunter etwa jene zur Positionierung der Wasserstofflanze im Ofen, den Strömungs- und Druckverhältnissen sowie den Wechselwirkungen zwischen höheren Temperaturen und Anlagentechnik. Die erhobenen Daten habe Thyssenkrupp Steel anschließend genutzt, um die Wasserstofftechnologie mit jedem weiteren Versuch zu optimieren. Auch habe der Stahlhersteller bei den Versuchen das avisierte Einblasvolumen von rund 1.000 m³ Wasserstoff pro Stunde erreichen können.
Die Entwicklung der Wasserstofftechnologie am Hochofen 9 sei ein wichtiger Schritt der Transformation zur klimaneutralen Hütte, so Dr. Arnd Köfler, Produktionsvorstand bei Thyssenkrupp Steel. „Wir können so den klassischen, kohlebasierten Hochofenprozess deutlich CO2-ärmer gestalten.“ Die erste Versuchsphase habe die Grundlage für die nun anstehende zweite Phase gelegt. „Darauf folgt dann der nächste entscheidende Schritt zur Klimaneutralität: Der Bau von Direktreduktionsanlagen, die rein wasserstoffbasiert und komplett ohne Kohle betrieben werden können.
Thyssenkrupp Steel plant Ausweitung auf alle Blasformen
In der zweiten Versuchsphase will Thyssenkrupp Steel die Versuche auf alle 28 Blasformen des Hochofens ausweiten, um so den Weg für den industriellen Einsatz zu ebnen. Im Mittelpunkt der Forschung stehe dann der Einfluss der Wasserstofftechnologie auf die metallurgischen Prozesse im Hochofen, heißt es seitens des Unternehmens. Starten soll diese Phase im Jahr 2022, bedingt durch die Corona-Pandemie etwas später als ursprünglich geplant. Auch dafür habe die Bundesregierung im Rahmen des Reallabor-Programms eine Förderung in Aussicht gestellt.
Während der Wasserstoff für die erste Versuchsphase noch mit Lkw geliefert wurde (Beitragsbild), will Thyssenkrupp Steel für die zweite Phase – aufgrund der benötigten Menge – auf eine Pipeline zurückgreifen. Zu diesem Zweck habe das Unternehmen bereits eine Absichtserklärung abgeschlossen, anhand dessen der Hochofen aus den Wasserstoff-Fernleitungen von Air Liquide beliefert werden soll. Letzteres Unternehmen hat bereits die erste Projektphase begleitet und beabsichtigt – vorbehaltlich der Förderzusage – in eine neue Rohrleitung zwischen Hochofen und vorhandener Wasserstoff-Fernleitung zu investieren.
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