Wenn das Handelsblatt zur Jahrestagung „Zukunft Stahl“ einlädt, sind die Entscheider und Unternehmenslenker der Stahlindustrie nicht weit. So trafen sich am 7. und 8. März wichtige Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verbänden, um die Top-Themen der Branche zu diskutieren. Eine Besonderheit: Mit der ehemaligen Kokerei Zeche Zollverein in Essen fand man in diesem Jahr einen wahrhaft symbolträchtigen Veranstaltungsort.
Mit der Dekarbonisierung muss die Stahlindustrie die wohl größte Transformationsleitung ihrer Geschichte vollbringen. Daher stand die Erzeugung klimafreundlichen Stahls auch im Mittelpunkt der Handelsblatt-Jahrestagung „Zukunft Stahl“. Bernhard Osburg, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, bezeichnete diese in einem einleitenden Vortrag als „großen Wendepunkt“. Das wirtschaftliche Umfeld sei indes „mehr als herausfordernd“. So benötige die Branche etwa 90 Prozent des Wasserstoffs, der bis dahin zur Verfügung stehe. Darüber hinaus brauche es eine wettbewerbsfähige Lösung für die stark gestiegenen Energiekosten, etwa in Form eines Industriestrompreises. Dennoch bringe die Stahlindustrie mitten in der energiepolitischen Krise „die größten Investitionen der vergangenen 50 Jahre“ auf den Weg, betonte Osburg.
Zukunft Stahl: USA als politisches Vorbild?
Nahezu alle bedeutenden Stahlhersteller stellen derzeit ihre Produktionsverfahren auf umweltverträglichere Verfahren um. Der Ruhrgigant thyssenkrupp Steel lässt am Standort Duisburg eine wasserstoffbetriebene Direktreduktionsanlage mit zwei innovativen Einschmelzern errichten – und bringt damit eine der weltweit größten industriellen Dekarbonisierungsinitiativen auf den Weg. Als Generalunternehmer ist die Düsseldorfer SMS group mit Engineering, Lieferung und Bau der Anlage betraut. Das 1,8 Milliarden Euro teure Projekt markiert den größten Einzelauftrag in der Unternehmensgeschichte. Burkhard Dahmen, CEO der SMS group, warnte jedoch davor, dass erste Prozessschritte der Stahlherstellung künftig auch ins Ausland verlegt werden könnten. „Die vergangenen Jahre haben eindrücklich gezeigt, was passiert, wenn Lieferketten nicht funktionieren“, so Dahmen im Rahmen einer Diskussion bei der Handelsblatt-Jahrestagung.
Ein politisches Vorbild für „grüne Leitmärkte“ sehen die Referenten derzeit in den USA: Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) hat die US-Regierung ein Programm beschlossen, dass Osburg zufolge „unkompliziert und nachvollziehbar“ ist. Das Gesetz soll der hohen Inflation entgegenwirken und den Klimaschutz in den USA vorantreiben. Die Förderungen umfassen unter anderem Ausgaben in Höhe von 169 MIlliarden US-Dollar für umweltfreundliche Energie und weitere 17 Milliarden US-Dollar zur Förderung von technologischen Innovationen in CO2-intensiven Sektoren.
Weitere Themen sowie unsere Impressionen von der Handelsblatt-Jahrestagung „Zukunft Stahl“ im Detail finden Sie in der in der Ausgabe 04/2023 unserer Fachzeitschrift stahlmarkt, die Anfang April erscheint. Noch kein Abonnent? Hier finden Sie alle Informationen.