Die WV Stahl warnt vor einem Importstopp für Erdgaslieferungen aus Russland, der bei den Stahlherstellern zu Zwangsabschaltungen führen könnte. Indes befinden sich die Stahlpreise weiterhin auf hohem Niveau – und verschaffen den Unternehmen dadurch Rückenwind.
Erdgas spielt für die Stahlindustrie in Deutschland eine wichtige Rolle. In der Branche werden jährlich circa 2,1 Milliarden Kubikmeter des Energieträgers verbraucht. In einem Statement unterstützt die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) die Politik der Bundesregierung, sich schnellstmöglich aus der Energieabhängigkeit von Russland zu lösen. Alternative Versorgungswege zu etablieren und den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen sind aus Sicht des Verbands ein richtiger Weg.
WV Stahl befürchtet Zwangsabschaltungen und Versorgungsprobleme
Auch die eingeführten Wirtschaftssanktionen begrüßt die WV Stahl nach eigenen Angaben. „Der beispiellose Angriff auf den Frieden in Europa legt schonungslos offen, dass wir eine Energiepolitik brauchen, die jetzt rasch Abhängigkeiten reduziert und die Versorgungssicherheit stärker in den Blick nimmt“, kommentierte dazu Verbandspräsident Hans Jürgen Kerkhoff.
Zugleich warnt der Verband ausdrücklich vor den Folgen eines „insbesondere auf Erdgas ausgerichteten Embargos“. Ohne den Energieträger aus Russland wäre eine Stahlproduktion hierlande zurzeit nicht möglich. „Ein Importstopp für Erdgaslieferungen aus Russland ohne gesicherte Alternativen würde die Unternehmen der Stahlindustrie in der jetzigen Situation dem Risiko von Zwangsabschaltungen aussetzen“, so Kerkhoff. Dies führe ihm zufolge direkt zu Produktionsunterbrechungen, Kurzarbeit und gegebenenfalls Beschäftigungsverlusten. Zudem ständen Stahlverarbeiter und deren Endkunden massiven Versorgungsproblemen gegenüber.
40 bis 45 Prozent der Importe stammen aus den GUS-Staaten
Indes sorge bei Deutschlands Stahlherstellern ein gewichtiger Faktor für Rückenwind, heißt es in einem Beitrag der tagesschau vom 21. März. Demnach habe sich warmgewalzter Stahl, das wichtigste Ausgabeprodukt, allein in diesem Monat um mehr als 40 Prozent verteuert. Preistreiber seien jedoch nicht die Hersteller selbst, die durch längerfristige Verträge gebunden seien, zitiert das Informationsportal den Stahlexperten Dirk Schlamp von der DZ Bank. Vielmehr sei der kurzfristige Ausfall der Stahlproduzenten aus Russland und der Ukraine für das hohe Preisniveau verantwortlich. Zuletzt seien etwa 40 bis 45 Prozent der Importe nach Europa aus den GUS-Staaten gekommen. Zugleich hielten Schutzmaßnahmen der EU sowie hohe Transportkosten die Importe aus Übersee in Grenzen. „Die Stahlpreise werden also nachhaltig auf einem hohen Niveau bleiben“ erwartet der Experte.
Der nun boomende Rüstungsbereich, der insbesondere Spezialstahle erfordere, spiele dagegen nur eine untergeordnete Rolle für die großen Hersteller. Bei thyssenkrupp könne allerdings möglicherweise der Schiffbau von Rüstungsaufträgen profitieren, so der Stahlanalyst.